Prince Rupert und Alaska

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Hwy 16 West

Fahrt nach Prince Rupert

Kurz nach Terrace, aber immer noch 130 km vor der Küste, befinden wir uns schon nahe Meeresniveau, im Skeena River lassen sich aber noch keine Spuren von Gezeitenhub erkennen. Die Berge wirken in diesem Fjord umso eindrucksvoller, da der Schnee ziemlich weit herunterschaut (etwa bis 1300 m).

Stopgirls (die lebendingen Ampeln bei Bauarbeiten auf der Strasse) trifft man immer wieder an, ‘mal hübsch, ‘mal mit Bart. Da wir nichts gescheites zum Essen finden, geht’s noch lange hungrig weiter. Lunch in einem urigen Truckerschuppen an der Strasse im No-where, in Cedarvale.

Das Wetter wird besser. Etwa 40 km vor dem offenen Pazifik (Prince Rupert) erreichen wir den Meeresspiegel, wo wir auch das Wasser untersuchen. Es läßt sich noch kein Salzwasser feststellen (aber schon Gezeitenhub), und die Temperatur beträgt hier 13,5°C (kein Badespaß!).

Das letzte Stück nach Prince Rupert (ca. 40 km) ist besonders schön: Es geht durch grosse Cedar-Urwälder durch Fjorde, kleinen Seen mit Inselchen. Dazwischen gibt es auch Sägewerke, die ihren Rauchschleier in die Gegend legen.

Highliner Inn Prince Rupert

Hafen von Pr. Rupert in der Abenddämmerung

Um 07:00 schon auf (geht gar nicht gut). Es sollte eines der grössten Frühstücke in einem (unserem) Zimmer werden, was die Anzahl der Leute betraf. Herausragend: die Mega-Packung Cornflakes.

Berthold hat sein Ausweistascherl verloren. Sie suchten lange herum, wir fahren dann erst um 08:30 ab, das Tascherl wurde erst Tags darauf in seiner eigenen Hose eingefaltet entdeckt.

Das Wetter ist wieder feucht (wie es sich für ein Gebiet mit über 5000 mm Jahresniederschlag halt gehört), also merken wir nicht viel von der Fahrt zurück Richtung Terrace. Na immerhin sehen wir (die wenigen munteren Gesellen) einen Weisskopfseeadler. Dort zweigen wir in die Wildnis nach Norden ab, die Strasse wird enger, und hat plötzlich “normal” viele Kurven! Am Kitsumkalum Lake ergibt der knapp über der Seeoberfläche liegende Nebel und im flachen Wasser liegende Baumstämme eine gespenstisch schöne Stimmung. Ab dem See ist die Strasse dann nicht mehr asphaltiert. Bei einem neuerlichen Wunder der Natur steigen wir aus unseren dreckverschmierten Vans aus.

Nisga’a Memorial Lava Bed

Ein ca. 1760 ausgebrochener Lavastrom folgt dem Bett des Nass River. Der Effusionsausbruch erfolgte ohne Explosion und Asche, die Massen verschütteten dennoch ein Indianerdorf. Auf der Lava wächst rezente Primärvegetation, keine Bodenbildung im herkömmlichen Sinne. Tiefere Hohlräume sind wohl schon mit Sanden und Erden gefüllt, sodaß kleinere Bäume (Pappeln) schon gedeihen können.

An der Oberfläche der Lava wachsen hauptsächlich sehr vielfältige und große Flechten.

1938 und 1978 hat der Fluß die Lava ausgeräumt. Die Block- und Strichlava erstreckt sich über weite Flächen in das Tal des Vorfluters hinein. Dort gibt es kleine Seen und Lacken, die ein seltsames Ambiente bilden. Der Lavastrom zieht sich dann über viele km im Tal weiter bis zu dem Becken von Aiyansh, wo er sich nochmals gewaltig ausbreitet.

Im Nisga’a Lava Bed: Karin und Christian spazieren durchs Lavafeld.

Moose als Primärvegatation An der Oberfläche der Lava wachsen hauptsächlich sehr vielfältige und große Flechten.

Abschlußfest in der Schule von Nisga’a: New Aiyansh

Mit jemand verabredet der nicht kam, standen wir im Regen vor dem einzigen offiziell anmutenden Gebäude des weiten, unasphaltierten Ortes. Wir hätten dort auffallen sollen, wir waren im Gegensatz zu allen Dorfbewohnern keine Indianer, doch es schienen alle etwas wichtigeres zu tun zu haben. Weiteres Unterscheidungsmerkmal, es waren alle recht festlich angezogen, wir tippten vorerst alle auf eine Hochzeit. Dann bot uns doch jemand an einzutreten, und wir standen auf einmal in einer Schule, mitten in der festlichen Veranstaltung bei der die Abgänger gelobt und über eine nachgebaute Brücke in einen neuen Lebensabschnitt eintreten. Dieser beginnt sofort mit einer wichtigen Aufgabe, die indianische Identität aufrecht zu erhalten und sich draußen in der “Wildnis” zu behaupten. Die verschieden Ansprachen erfolgen nicht nur in englisch, sondern teilweise auch in indianischer Sprache. Einige Absolventen erscheinen in traditionellen festlichen Kleidern. Doch wie auch die Vornamen der Namenliste bestätigen, ist alles schon stark modern-amerikanisch durchsetzt. Ein älterer ehrwürdiger Sprecher scheint dies zu bedauern. Die Identitätsprobleme dieser Leute sind sicher nicht einfach, obwohl es ein Volk ist, daß recht stolz erscheint.

Was Christian aber auch noch beeindruckte, war, dass sie (abgesehen von den direkten Eingriffen der Weissen) im Prinzip genau dasselbe Problem haben, wie wir. Christian fand die Ansprache des alten Indianers doch auch für uns nicht unpassend. Wir verlassen die Zeremonie frühzeitig, trotz netter Bewirtung mit Obst und Lachsbrötchen.

Weiter geht eine rasante Fahrt (die Profs waren an diesem Tag wirklich schwer im Stress) über einen holprigen Forstweg durch dichten Wald, vorbei an Biberdämmen, Bärenfamilien, über wilde Schlaglöcher und reissende Bäche zur Cranberry Junction.

Hwy 37

Cassiar Highway

In einer wichtigen Örtlichkeit, sie ist in einer Karte mit dem Maßstab 1:1,500.000 mit der Signatur bis 2500 Einwohner vermerkt, kehren wir wieder auf einen berühmteren Highway (Cassiar Hwy) zurück. Wir haben uns in Cranberry Junction alle etwas erwartet, aber außer dem allgegenwärtigen Stop-Schild gab es weit und breit nichts zu sehen (nicht einmal eine andere Verkehrstafel).

Nach etwa 40 km taucht eine Holzfällerortschaft aus dem Nichts auf, doch diese ist wie ausgestorben. Nach weiteren 40 baumgesäumten Kilometern erreichen wir einen Ort, dessen Name uns schon skeptisch stimmte: Meziadin Junction. Dort gab es zwar nicht einmal Häuser zu sehen, dafür aber eine Tankstelle und ein offenes Trucker-Café, dessen Wände mit Photos von Autounfällen nach oder mit Bärbegegnungen geschmückt waren. Ein ausgestopfter Genosse stand sogar in der Ecke. Weitere Haupterscheinung des Ortes: Mücken, vom tiefen Einatmen ist stark abzuraten! Aus dieser Ära stammen die verschmierten Insektenflecken an den Innenseiten der Fahrzeuge…

Wettermäßig wird es hier plötzlich besser, und die spätere Nachmittagssonne kommt hervor und beleuchtet das Naturwunder Nr. 2 des Tages.

Hwy 37A

Bear Glacier

Eindrucksvoller Outletgletscher des Cambria Icefields, der in einen See (440 m Seehöhe), aufgestaut durch sein eigenes Moränenmaterial, kalbt. Auffallend war auch das schöne Gletschertor, sowie mehrere Seitenmoränen unterschiedlichen Alters und Verwitterungsgrades.

Beargletscher mit Gletschersee

Beargletscher, 590m: kalbender Gletscher im Abendlicht

Er kalbte sogar speziell für uns, leider ohne Vorankündigung für Photos. So schwimmen also auch Eisberglein unten im See. Da fängt irgendeiner an mit Steinen auf den nächsten Minieisberg zu Zielen. Dass dann sogar Berthold mitmachte hat Andrés Soziologiekenntnisse erweitert. Dennoch wollten die Herren schnell weiter. Wir lungerten schon den ganzen Tag in den Autos herum, und waren froh an der Luft zu sein. Sogar die faulsten machten sich instinktiv auf und gingen einige Meter zu Fuss, die Fahrer mussten murrend zurück die Autos hohlen, das Ganze zwei Mal…

Lawinenkegel aus Felsspalte

Kurz danach, ebenfalls an der südlichen Talflanke, durch eine schrägen Riß von einem herabbrechenden Hängegletscher gespeist, verschüttete quasi ein enormer Lawinenkegel das Bachbett. Man könnte sogar von einem kleinen regenerierten Lawinengletscher sprechen, da er sogar Spalten aufweist, was auf eine Bewegung im Inneren schließen läßt. Das Wasser muß sich seinen Weg unter den Eismassen suchen. Das Phänomen tritt in unglaublich tiefer Lage auf (350 m Seehöhe)! Die klimatische Schneegrenze liegt hier auch schon auf etwa 1300 m Seehöhe.

Stewart

Die Ortschaft liegt am Meer, obwohl die offene See noch 200 km (!) entfernt im SW liegt. Die Verbindung entsteht durch den Portland Canal, einem durch die eiszeitlichen Gezeitengletscher geschaffenen Fjord. Der Portland Canal mündet nach etwa 150 km im Portland Inlet, wo mehrere Fjorde zusammentreffen. Beeindruckend sind die Talflanken, die sich sehr steil aus dem Meer auf 1200 bis knapp 2000 m erheben.

In Stewart wurden zunächst die schlammverschmierten Vans sehr grob (mit Papier) geputzt, damit man zumindestens die Türen öffnen konnte, oder durch die Scheiben sah. Nach einem relativ kurzen Abendessen im Zimmer (besser gesagt auf den Betten) machen wir uns auf zum Treffpunkt vor dem King Edward Hotel (nicht ganz so nobel, wie der Name). Während die eine Gruppe wie abgemacht vor dem King Eden Hotel wartet um nach Hyder, Alaska zu fahren, speisen die anderen genüsslich Lachssteak und verplempern wertvolle Zeit. Diesmal müssen sogar die Hühneraugen gelobt werden, die sich in grosser Mehrzahl an die Abmachung hielten und wie André deppert warteten. Wieder andere nutzten die Zeit zu einem witzigen Ballspiel auf der Strasse bzw. auf dem Platz daneben. Ziemlich viel Jugend des Ortes kam auf der Strasse (mit ganz gewaltig riesigen Autos) hier zusammen. Dann ging es aber schon los.

Hyder, Alaska

Es geht auf in einen neuen Staat, nach Alaska, und somit in die USA (und damit zumindest theoretisch in eine neue Zeitzone). Bemerkenswerterweise hört mit der Staatsgrenze auch der Asphalt auf. Hyder ist ein Ort mit einem Postoffice, einem Souvenirladen, zwei Pubs und einigen halbverfallenen Häusern, aber trotzdem sehr nett. Weil der Fleck am Landweg nur über Kanada zu erreichen und zu verlassen ist, gibt es hier keine Grenzkontrollen.

Entering Hyder, Alaska

Nach einer etwas verwirrten „Rundfahrt“ (etwa eine halbe Minute) fahren wir auf einen Steg in den Fjord hinaus, bis dort die Sonne untergeht. Das war ein wirklich ganz besonders schöner Platz. Wir gehen zwischen Fischerbooten am Steg spazieren, genießen den Blick auf die von den letzten Sonnenstrahlen eingefärbten Berge, wie sie so zwischen Nebelschleiern durchblicken. Es ist windstill und nicht so kalt, wie es scheint (der Schnee schaut sehr weit herunter). Wir waren hier zwar nicht sehr lange, aber es war doch einer der (vielen) schönsten Augenblicke im Norden Amerikas.

Pseudobootsfahrt mit Lemmi, Sabine und Tina bei einer Wanderung am langen Steg. Es schaukelte auch ein wenig.

Enden tut es in dem kleineren der beiden Pubs, bei Billiard, Musicbox, Bier und Whiskey (Jack Daniels on the rocks). Bei dieser Gelegenheit erfuhr Christian zum ersten Mal, was es mit diesen “rocks” auf sich hat, tja auch ein Provinzler kann was im Urwald etwas lernen… Ein Bus fährt schon recht früh, Christian macht sich mit Damenbegeleitung auf zurück ins Hotel. Wir suchten vergeblich nach den Grizzlies (die zugegebenermassen eher im Winter die Gegend heimsuchen), fanden aber nur einen verdächtigen Trucker. Bevor die restlichen fahren, machen Sabine und André sich auch auf den Weg, gezielt zu Fuss, durch die angeblich bärenreichste Gegend Canadas, doch uns hat nur der rote Bus eingeholt und wir haben ihn wieder weitergeschickt.

Gerda beim Billiard spielen. Wir waren auf einen Drink in Alaska… Langzeitaufnahme.

Das Zweier-Zimmer ist nicht recht gross, hinzu kommt, dass wir Gerry als Gast auf einem Klappbett zu bewirten haben. Damit ist das Zimmer also “eingebettet”. Aber am Morgen desselben Tages sollte es wieder reichlich früh losgehen.

“Leaving Hyder, the friendliest ghost town in Alsaka!”

Hier verläuft auch die Staatsgrenze zwischen den USA und Canada. Kontrolliert wird hier nicht, denn die Strasse führt nicht viel weiter als zu den paar Häusern. Bezeichnend ist auch, dass der Asphalt genau auf der Grenze aufhört, hier wird einem nix geschenkt. Die anderen Schilder an der Grenze sind irgendwie witzlos, hier reisen ohnehin nur Locals ein. Hyder ist keine Geisterstadt, aber viel ist hier in der Tat nicht los. Wahrscheinlich leben mehr Bären in unmittelbarer Umgebung als Menschen.

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