Thema: vom Lieferwagen zum Camper.
Beim Ausbau eines Lieferwagens zum Camper muss man eine Einbau-Reihenfolge beobachten: das Grobe, alles was zwingend Löcher in die Karosserie verursacht, muss zuerst passieren. Nach einer Island-Reise war uns klar, dass wir eine Standheizung brauchen und die verlangt zwingend nach einer Zweitbatterie. Auch Fahrzeuge mit werksseitig verbauten Standheizungen haben Zweitbatterien.
Batterietypen und Auswahl
Batterieleistung und Stromnutzung
Der für uns interessante Wert auf einer Batterie sind für uns die Ampère-Stunden, zum Beispiel 80Ah. Das heisst, dass man 80A eine Stunde lang “ziehen” kann. Es gibt auch einen Wert für Spitzenleistung, der interessiert uns aber als Camper nicht.
Ein sparsames LED-Leistensystem, direkt an das 12V-Netz angeschlossen, verbraucht etwa 2W. Unter 12V sind das 2W / 12V = 0.16A. Bezogen auf die 80A, hat man 80Ah / 0.16A = 500h, also gut 20 Tage Licht. Das klingt endlos, aber das gilt nur für sparsames Licht.
Mit einem Kühlschrank schaut die Sache schon ganz anders aus: nehmen wir an er frisst 75W, das macht 75W/12V = 6.25A. Mit 80Ah hat man 80Ah / 6.25A = 12.8h, kommt also nur einen halben Tag durch!
Verschlimmert wird der Stromverbrauch auch über Leitungsverluste, Spitzenanfragen beim Start von Kühlschrank, Wechselrichter oder Standheizung, Transformationsverluste in Wechselricher, in Ladegräten für Handys etc.
Typische Verbraucher beim Campen sind, von klein nach gross:
- Licht, aber nur in Form von 12V-LED-leisten, die ohne Trafos arbeiten. Verbrauch unter 1W pro Leiste im Dauerbetrieb. Arbeiten auch bei stark entladeter Batterie.
- Wasserpumpe, braucht zwar rund 30W, aber immer nur kurzzeitig. Arbeitet auch bei stark entladeter Batterie.
- Wechselrichter, gibt es mit verscheiden Leistungen. Wenn 600W angegeben sind, können auch spitzen bis 1000W vertragen werden. Mit 600W kommt man höchstens 30 Minuten lang durch. Allerdings ist der Verbrauch bei nur einem Ladegerät für Foto-Batterien gering. Jedoch sollte man den Verbrauch nie unterschätzen, die Transformationsverluste sind hoch. Ein Dauerbetrieb geht also selten. Standarmässig schalten Wechselrichter unter einer gewissen Spannung ab. Bei mir sind das 10.2V, das ist aber für eine klassische Bleibatterie schon zu wenig und sie nimmt so einen dauerhaften Schaden.
- Eine Standheizung mit Gelbläse braucht auch Strom, vor allem beim Anstarten. Gasheizungen sind etwas sparsamer. Eine Dieselstandheizung ist am Papier mit 15-30W angegeben, beide Werte werden eher überschritten. Mit einer 80Ah-Batterie könnte man gut zwei Tage durchheizen, aber das wird man nie brauchen. Man betreibt eher “Stossheizen”.
Das leidige Thema Laptop: tragbare Computer werden mit immer kleineren Trafos vertrieben, die 19V liefern. Diese werden schon im Normalbetrieb zu Hause (saubere Sinus-Spannung) heiss und arbeiten ineffizient, ziehen Spitzen beim Hochfahren und wenn der Computer mehr leisten muss (zum Beispiel Videos abspielen). Hier kommen 80 bis 100W zum Einsatz. Die Situation verschlimmert sich hinter einem billigen Wechselrichter mit “abgehackter Kurve”, hier muss der Trafo mehr arbeiten und kann brennheiss werden. Die Spannung wird ineffizient genutzt und nach knapp über einer Stunde Nutzung kann die Spannung der Zweitbatterie stark abfallen. Ich betreibe Laptops möglichst über deren eigenen Akku und lade via Wecshelrichter beim Fahren nach.
Alle anderen Verbraucher eigenen sich nicht zum Betrieb auf Batterie: Kühlschrank, elektrische Heizung egal wie klein, Fön, Kaffeemaschine, Ofen, Microwellenherd. Alles was direkt mit Strom heizt oder kühlt braucht einen Netzanschluss am Campingplatz! Selbst grosse Solarpanele schaffen nur knapp einen kleinen Kühlschrank kühl zu halten.
Klassische Startbatterien
Sie sind mit flüssiger Säure gefüllt, heute sind fast alle wartungsfrei, das heisst, man kann und soll die einzelnen Zellen nicht mehr öffnen. Trotzdem sind diese Batterien nicht dicht (sie haben Lüftungslöcher oben), dürfen nur stehend verbaut werden und können schädliche Gase verbreiten. Wenn das Gehäuse bricht, tritt ätzende Säure aus. Sie sind gebaut, um hohe Spitzenleistungen unter extremer Last (eben das Anstarten eines sturen Dieselmotors) zu bewerkstelligen und nehmen irreversible Schäden bei Tiefentladungen.
Diese Parameter widersprechen recht heftig dem Einsatz als Zweitbatterie, die kontinuierlich und lange Strom liefern soll. Die sonstigen technischen Parameter sind auch nicht gerade ideal. Der grosse Vorteil allerdings: sie sind billig, unter Vermeidung der Tiefentlandung langlebig und ihre Gesamtleistung reicht meist auch für den Dauerbetrieb aus. Richtig verbaut stellen sie auch kein Risiko dar. Zu guter Letzt kann man mit solch einer Batterie auch den Motor im Notfall anstarten. Andere Batteriearten können das nicht!
Gel- und “Solar”-Batterien
Durch ihre Bauart entsprechen Gelbatterien wesentlich besser dem Einsatz zum regelmässigen Entladen ohne Leistungsspitzen. Sie sind dicht und können auch liegend verbaut werden. Die Aussenformate sind variabler, sie passen zum Beispiel besser unter Sitzkonsolen. Sie vertragen Tiefentladungen besser (ideal ist es aber trotzdem nicht).
Sie haben aber den Nachteil nicht an die Ladetechnik der Lichtmaschine (sture 14.4V) angepasst zu sein, ihnen geht es besser, wenn Ladegeräte mit an den jeweiligen Ladezustand angepassten Spannungen die Ladung steuern. Sie sind auch wesentlich teurer als Startbatterien, im Falle einer Batteriepanne kann man nicht einfach irgendwo eine nachkaufen und einbauen. Auch anstarten des Motors geht damit mangels Spitzenleistung nicht.
Auswahl der Zweitbatterie
Keine der beiden Typen ist ideal. Ein einfaches Kriterium kann der Einbauort sein. Wenn innen, dann eher eine Gel-Batterie (dicht, kleiner, idealeres Format), wenn aussen, dann ohne weiteres klassische Startbatterie (unter jedem Lieferwagen ist massig Platz).
Ich wollte zudem die Möglichkeit haben, mir selber Starthilfe zu geben, dadurch war eine klassische Startbatterie vorgegeben. Ich habe das selber einige Male gebraucht.
Startbatterien haben auch unterschiedliche Grössen, die Breiten sind aber meist ähnlich. Ich habe eine einfache 80Ah-Batterie genommen (rund EUR140).
Einbauort für Zweitbatterien und Trennrelais
Generell, ob innen oder aussen, es eignen sich alle möglichen Orte, man sollte sie aber fest verbauen und mit der Karosserie verschrauben, mit dem hohen Gewicht sollte sie kein Eigenleben entwickeln. Sie sollte zugänglich und austauschbar sein, Batterien halten nicht ewig.
Ebenfalls zu beachten: die Ströme, die zwischen den Batterien laufen können, sind sehr hoch: hat man eine Zweitbatterie stark genutzt und startet das Fahrzeug an, so springt die Lichtmaschine an, lädt die Startbatterie und unmittelbar darauf wird die (leere) Zweitbatterie hinzugeschalten. Der Spannungsausgleich dauert zwar, aber die Spitze beim Zuschalten ist gewaltig. Deswegen sind Trenn-Relais auf 70A ausgelegt. Die Verkabelung muss dementsprechend stark ausfallen. Da wir mit 12V im Niedervoltbereich sind, muss der Querschnitt auch zunehmen je länger die Distanzen sind. Je näher man bei der Startbatterie bleibt desto besser also.
Inneneinbau
Durch die Nähe zur Startbatterie wird man weiter vorne bleiben, im Bereich des Fahrersitz zum Beispiel. Da ist meist Platz im Sitzsockel, dahinter oder im Seitenmöbel. Immer bodennah bleiben und mit entsprechenden Metallwinkel im Blechboden verschrauben. Pole schützen und isolieren falls nicht ohnehin eine Abdeckung dabei ist. Idealerweise verbaut man auch eine Gel-Batterie in einem dichten Batteriefach, allerdings klappt das aus Platzgründen selten.
Einbau unter dem Fahrzeugboden
Lieferautos haben meist einen überhöhten Fahrzeugboden, darunter befindet sich das verzweigte “Fachwerk” des Chassis mit verschieden grossen Öffnungen nach unten. Einige davon sind schon belegt mit Tank, Startbatterie, ABS-System, Auspuff, Ersatzrad, aber meist bleibt noch Platz. Ideal sind Standorte, wo die Batterie ziemlich genau hineinpasst, denn so kann schon ein Seitenspiel vermieden werden. Beim Renault Trafic gibt es dafür fahrerseitig auf mittlerer Höhe passende “Löcher”.
Eine weitere Voraussetzung ist, dass man massive Fixiermöglichkeiten hat. Eine Startbatterie wiegt rund 20kg, die kann man nicht mit dünnen Beschlägen fixieren. Winkelstahl mit mindestens 3mm Stärke und M8-Schrauben sind Mindestmasse. Die Seitenwände dieser Höhlräume sind nicht immer zugänglich oder das Blech an den Seiten ist auch nicht ideal tragfähig.
Eine Möglichkeit die immer geht, wenn sich nach oben nur das Blech des Fahrzeugsbodens befindet, ist die Fixierung durch den Boden oben. Dafür baut man der Batterie ein Gehäuse, das entweder als ganzes unter den Boden geschraubt wird oder es wird das Gehäuse zuerst fixiert, die Batterie eingeführt und unten verschlossen.
Konkreter Einbau unter dem Fahrzeugboden
Es gibt Versionen des Renault Trafic, die ein grosses Batteriefach für zwei Batterien haben, das ist natürlich ideal. Es gibt auch Versionen mit einem Batteriefach aus Metall, das man erweitern kann. In meinem Fall ist es zu klein, aus dickem Kunststoff und zu allem Überdruss ist hinten dran das ABS-System mit den Bremsleitungen verbaut. Direkt unter dem Fahrersitz wäre Platz, aber da kommt ein Kabel heraus. Zudem gibt es gar keine brauchbaren Seitenwände für eine Seitenstabilisierung, hinten folgt direkt der Tank:
Die Entscheidung fiel also auf einen Hohlraum links aussen unten neben dem Tank, es gibt davon zwei hintereinander. Die Breite entspricht ziemlich genau einer Startbatterie, die vordere Öffnung ist länger, so ist wenigstens etwas Spiel zum einpassen des schweren Drums gegeben. Zudem reicht der Platz für eine Box mit starken Leitungssicherungen.
Mangels Schweissgerät und dazugehöriger Kenntnis habe ich mich für starkes Winkelstahl und dicke Gewindestangen entschieden. Die Winkel unten tragen längsseitig, weiter oben wird querseitig der Batteriesockel eingefasst. Oben gibt es keine weitere Fixierung weil man sonst die Batteriepole berühren würde. Aufgrund der guten Einfassung ist die Batterie nicht weiter geschützt. Mehr prophylaktisch haben ich an der Unterseite und vorne PVC-Bodenstücke flächig aufgeklebt.
Nach oben halten Muttern und ein weiteres PVC-Stück einen Mindestabstand. Die vier Gewindestangen an den Ecken gehen durch den Fahrzeugboden nach oben. Dort sitzen je eine breite und starke Beilagscheibe und je eine selbstsichernde Mutter.
Es war keine einfache Übung, die schwere Batterie samt Einfassung anzuheben und blind die vier Gewindestangen durch die kleinen Löcher im Fahrzeugboden zu führen. Mir fiel nichts besseres ein als das Fahrzeug hinten hoch anzuheben, darunter die Batterie progressiv aufzubocken und anschliessend den Wagen langsam hinab zu lassen:
Vorne sind Sicherungen für die Kabelstrecken verbaut. Eine am Ende des Plus-Kabels von der Startbatterie, die zweite am Weg durch den Fahrzeugboden nach oben zur weiteren Nutzung.
Gedacht war, dass man die Batterie von unten, durch öffnen der Unterseite des “Käfigs” ausbauen kann weil oben das Seitenmöbel drüber kommt. Letztendlich hat das mit der Zeit eine falsche Materialwahl vereitelt: die Winkeleisen hatte ich zwar grundiert und gestrichen, sie rosten aber trotzdem. Schlimm rosten allerdings die Gewindestangen, die Muttern unten bekommt man sicher nicht mehr zerstörungsfrei auf. Mein Seitenmöbel ist geschraubt, aber lustig wäre ein Ausbau nicht. Allerdings arbeitet unsere Zweitbatterie nun (2017) im sechsten Jahr ganz brav, trotz aller Qualen, der ich sie aussetze.
Ansicht von Innen, links die ebenso bereits verbaute Standheizung.
Sowohl die Batterie als auch die Halterung sind seit 2018 erneuert: Neue Zweitbatterie und neue Halterung unter dem Fahrzeugboden.
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