Thema: vom Lieferwagen zum Camper.
2010 hatte ich mir die damals recht neue Schlafsitzbank Reimo Variotech 333 in den damals auszubauenden Renaut Trafic einbauen lassen. Aus TÜV-Gründen darf man sie nicht selber einbauen, bei dem Preis sollte man sich so oder so nicht mehr die Finger schmutzig machen müssen (EUR3500).
Recht schnell fing die vorklappbare Sitzfläche an metallisch zu knirschen. In einem T4/T5-Form konnte ich etwas von gebrochenen Gitterstäben lesen. Mit der Zeit wurde das Quietschen und Krächzen schlimmer. Bei unserem 9-wöchigen Urlaub wurde es offensichtlich, dass sich die Fläche je nach Position durchbeugt und erst beim Wenden wieder zurückgebeugt wird. Wenn man zuvor auf der Sitzfläche sass, sieht man beim Wenden eindeutig eine Beule auf der Liegeseite.
Nun habe ich den Reissverschluss aufgemacht und staunte nicht schlecht: das geschweisste Gitter ist an allen Seiten ausgerissen. Aber anscheinend war die Schwäche bekannt und es wurden Metallstreifen darübergeschraubt. Einige der Streifen sind nun gerissen, viele sind verbogen, die meisten Schrauben sind locker (einige sind bereits herausgefallen). Demnächst sitzt man sich Wohl “durch”.
Die Bilder unten zeigen die Liegefläche und hier sind die Metallbänder nach oben gebogen. Das heisst, die Biegung kommt vom Sitzen auf der Sitzfläche. Das Gitter ist extrem hart und stand anscheinend im Rahmen unter Spannung. Die Gitter in der Lehne und der “Kofferraumabdeckung” sind ident (3mm Querschnitt der Stäbe), ohne zusätzliche Metallbänder und alle gut in Schuss. Man sitzt da halt nicht drauf und belastet die Seiten wechselseitig. Anscheinend bilden die Vorgänge des Hinsetzens und des “Hoppelns” über Bodenunebenheiten doch eine starke Belastung. Wenn das Gitter sauber halten würde, wären die Metallbänder nicht nötig (und umgekehrt). Es handelt sich m.E. um einen Konstruktionsfehler: die Bänder können das Gitter nur stützen wenn dieses reisst. Vorher erfüllen sie keinen Zweck. Original-Autositze haben meist ebenso ein Gitter, aber es ist gefedert angebracht.
Die aufgeschraubten Leisten sind 25mm breit und ca. 1.8mm stark. Eine ist bei den Schrauben gebrochen, andere sind kurz davor. Es scheint so, als würden durch das Sitzen auf den gebrochenen Gitter dieses die Leisten durchdrücken und dehnen. Wenn man nun die Fläche wendet und die Schlafseite oben hat, sich dann hinsetzt oder gar hinkniet, dann werden die Leisten brutal zurückgebogen. Das geht ein paar Mal hin und her, bis die Leiste oder die Verschraubungen nachgeben.
Bevor Bemerkungen zur Nutzung aufkommen: Wir schlafen rund 30 Nächte pro Jahr in unserem Camper auf dieser Bank. In dieser Zeit wird die Bank auch zum Sitzen genutzt. Wir haben beide unter 75kg und setzen uns in der Regel “normal” hin. Wohl gemerkt: die Bank ist voll für den Fahrbetrieb typisiert. Lange fuhr unser Sohn zwischen 8 und 15 Jahren mit, er brachte zuletzt 60kg auf die Waage. An Übergewicht oder übermässiger Nutzung kann es nicht liegen. Die Sitzfläche wurde von mir zuvor nie geöffnet.
Ich habe die Bilder nun dem Reimo-Vertragspartner in Tirol, der mir die Bank einbaute, zugesandt und warte auf eine kreative Antwort seinerseits.
In den TÜV-Unterlagen sind die Metallbänder jedenfalls nicht vermerkt. Wer hat sie wann eingebaut?
Bilder der kaputten Sitzfläche
Anscheinend wurden im Werk nachträglich die Metallbänder unter dem Gitter angebracht. Jedenfalls sind die Bohrspäne im Schaumstoff der Polsterung zu finden (schwarze Punkte über dem Rahmen). Das ist nicht professionnel:
Zerlegen der Sitzfläche
Ursprünglich wollte ich vor allem den Überzug waschen, daher nehmen ich ihn vollständig ab. Man bekommt ihn Dank des Reissverschluss recht gut herunter. Natürlich muss man die zwei grossen Schrauben an der Kippachse entfernen. Ungut ist aber, dass die Sitzbereiche abgesenkt sind. Damit der Überzug in diesem Bereichen unten bliebt, gibt es Schlitze im Schaumstoff, wo Stoffwände nach unten gehen. Dort sind diese filzigen Teile mit Rundklammer aus Alu im Rahmen fixiert (à 16 Klammern je Sitzbereich). Da ich für die Sanierung der Bank das Gitter ganz entfernen will, öffne ich die Ringe mit einen flachen Schraubenzieher und einer Drehung. Die Ringe verbiegen und öffnen sich, sind danach aber natürlich kaputt.
Detailbilder des Rahmens und des Gitters
Ich nehme das Gitter ganz aus dem Rahmen. Die Metallbänder, die anscheinend ab Werk behelfsmässig aufgeschraubt waren, sind hier bereits abgenommen.
Die Rahmen-Innenmasse: 1110 x 410 mm. Rahmenquerschnitt: 30 x 20 mm. Abstand der Gitterstäbe 50 x 50 mm.
Da das Gitter nach den Brüchen weiter im Rahmen lagt, bewegte es sich ständig und kratze nicht lautlos am Rahmen. Man sieht die Bohrungen für die Schrauben und den abgewetzten Lack darunter.
Das Gitter war zum Rahmen hin noch durch das Abflachen geschwächt.
Offene Fragen
- Wie kann man einfach ein starres Gitter in den Rahmen schweissen? Jedes billige Bett ist bei so einer Konstruktion mit Federn zwischen Rahmen und Gitter versehen.
- Wann wurden die Metallbänder angebracht?
- Der Rahmen, das Gitter und die Schweisspunkte sind zusammen schwarz lackiert. Die Bänder wurden eindeutig später angebracht.
- War der Rahmen schon gebrochen ausgeliefert worden und stammt die Verschlimmbesserung von einem späteren Vertragspartner? Nach meiner Information wurde die Bank 2010 direkt von Reimo an den Vertragspartner ausgeliefert, der sie auch einbaute.
- Wenn die Bank so ausgeliefert wurde, dann war Reimo von Anfang an bekannt, dass das Gitter ausbrechen muss. Damit war aber auch das Quietschen des losen Gitters im Rahmen vorprogrammiert. Und es muss auch klar gewesen sein, dass die Metallschrauben irgendwann locker werden.
Rückmeldung des Vertragspartners von Reimo
Ich bekam recht schnell eine Rückmeldung, der Vertragspartner sagt natürlich zu Recht, dass er nur eine angelieferte Sitzbank einbaute und das Innenleben der Bank auch nicht kennt. Er hat aber mein Email direkt an Reimo weitergeleitet. Sein Sanierungsvorschlag ist unten dokumentiert, ich bin davon nicht überzeugt.
Möglichkeiten der Sanierung und Masse
Alles nur Verstärken
Der Vorschlag des Vertragspartners ist es das Gitter mit zusätzlichen Winkeln wieder anzuschweissen, die Metallbänder durch stärkere zu ersetzen und zu vernieten statt sie anzuschrauben. Das wäre eine Verstärkung der jetzigen Variante, von der aber klar ist, dass sie keinen Sinn macht: entweder es hält ein Element (das Gitter z.B.) oder es würde auch keine “Stütze” helfen, denn diese Elemente arbeiten gegeneinander und werkeln sich irgendwann aus. Zudem ist von Geräuschen beim Sitzen und Schlafen auszugehen, so wie es jetzt auch der Fall ist.
Eine Metallplatte als Träger
Statt dem Gitter und den Bändern auf den Rahmen legen:
- Maximalmasse ca. 1165 x 445 mm, so bleibt noch genug Spiel rundherum. Das Blech würde etwa so wie die Bänder aufliegen und per Nieten befestigt werden.
- Probleme:
- Auch das Blech wird sich beugen und später nach oben oder unten schnalzen.
- Es kann nicht ganz aufliegen, weil die Schweiss-Nähte des Gitters erhaben sind. Abflexen geht nicht, weil man so den sicherheitsrelevanten Rahmen schwächen würde.
- Das Gitter muss man belassen oder das Blech dementsprechend bearbeiten, weil im Gitter auch Fäden fixiert sind, die auf der Sitzfläche die Versenkungen erzeugen.
Eine im Rahmen “schwimmende” Birkensperrholzplatte
Eine Sperrholzplatte (Wisaform aus Hartholz und beschichtet), kleiner als der Rahmen in diesen Legen und mit engmaschigen Reepschnüren am Rahmen fixieren (Wicklung rundum). Die Platte wäre wie der Stoff in der Mitte eines Feldbettrahmens fixiert. Es wäre dafür Platz, sofern die Platte nicht stärker als 10 mm wird und die Reepschnur unter 5 mm Durchmesser bleibt.
- Maximalmasse ca. 1050 x 360 mm, so bleiben rund 15 mm zwischen der Rahmen-Inneseite und der Brett-Aussenkante.
- Probleme:
- Man muss die Reepschnur gut spannen können und sie darf nicht elastisch sein. Man müsste sie auch nachspannen können.
- Ideal wäre eine Metallplatte, aber die Reepschnur würde sich daran durchwetzen. Ausserdem beulen sich Metallplatten irgendwann durch.
- Auch hier gilt, dass man das Gitter muss belassen oder das Brett dementsprechend bearbeiten muss, weil im Gitter auch Fäden fixiert sind, die auf der Sitzfläche die Versenkungen erzeugen.
Meine derzeitige Sanierung basiert jedenfalls auf dieser Lösung: Sanierung der Sitzfläche der Variotech 333 von Reimo.
Nachtrag: die Reaktion von Reimo
Ich hatte am 31. August 2018, den Reimo-Vertragspartner mit dem Umstand konfrontiert, dass an der Bank, die er einbaute, grobe Mängel bestehen und grob fahrlässig versucht wurde dem zuvorzukommen. Am 4. September 2018 leitet dieser die Umstände an Reimo weiter. Die Ausbaufirma braucht ein ganzes Monat um eine lapidare Ausrede zu finden:
Den Bildern nach zu urteilen muss die Bank extrem beansprucht worden sein und die Querstreben sind Eigenbau, auch die lockeren Schrauben sind wohl Reparaturversuche ohne Schraubensicherung.
Ersatzteile für Nachbesserungen an der Bank haben wir nicht mehr verfügbar.
Leider können wir in dem Fall nicht weiterhelfen.
Es ist dies ein Paradebeispiel, wie man als Kunde zwischen den Stühlen stehen gelassen wird. Es kommt einer Schuldzuweisung gleich. Ich müsste nun den Reimo-Vertagspartner klagen und dieser wieder Reimo. Dort weiss wohl dass sich das niemand antut. Man sorgt sich aber anscheinend nicht einmal um den Ruf der Firma, sonst würde man eine gütige Einigung erzielen oder wenigstens Lösungsvorschläge anbieten.
Spannend ist der Satz “Ersatzteile für Nachbesserungen an der Bank haben wir nicht mehr verfügbar“. Dies belegt, dass es Retouren der Bank gab und dass dafür Reperaturlösungen existierten. Im Internet findet man auch einige wenige Foreneinträge, dass die Bank von einigen an Reimo wegen Gitterbruch zurückgesandt wurde, aber auch der Ersatz nach einiger Zeit brach. Ich habe den Verdacht, dass mir eine Bank ausgeliefert wurde, von der bekannt war, dass sie Schwächen hat und gleich mit dem halbherzigen Reparaturset in den Versand ging.
Nachtrag n°2
Die Reimo-Bank besteht aus drei Teilen, welche die Liegefläche ergeben. Der hintere Teil besteht aus einem offenen Gitter, auf welchem eine dünnerer Schaumstoffteil liegt. Heute, Anfang April 2019, ist mir aufgefallen, das hier auch die Teile der Schweisspunkte brechen. Pfusch made in Germany.
Vielen Dank für diese und andere Beschreibungen und Fotos der Variotech-Sitzbank. Sie helfen bei der Einscheidung, ob man diese Bank kaufen möchte.
hallo manfred,
das problem, dass Reimo ein de-facto-monopol im deutschsprachigen raum hat, bleibt leider. das führt leider auch zu dieser unwürdigen kundenbehandlung.
es gibt in Europa regelrechte kartelle. so kann man in Frankreich und Italien diese Reimo-bank nicht beziehen, weil angeblich keine genehmigung dafür vorliegt. es sind konkret crash tests vorgeschrieben, das kostet natürlich. in Italien und Frankreich hat die firma Scopema das monopol.