Wie entstehen kartographische Daten, mit welchen wir in den Bergen und in der Natur unterwegs sind? Gleich vorweg: eigens vor Ort erstellt werden schon lange keine Karten mehr, auch werden nur wenige GPS-Track direkt in der Natur erfasst.
Karten
Alle Wanderkarten und alle Kärtchen in Wanderführern haben eine gemeinsame Basis, das sind meist amtliche Karten. Sie werden einfach abgezeichnet, manchmal mit den dazugehörigen Rechten, manchmal ohne. Manchmal zieht man uralte Grundlagen heran und zeichnet den eigenen Inhalt darüber ein. Es handelt sich natürlich um ein Zurechtbiegen des Urheberrechts, es ist aber legal: denn am Ende entsteht ein eigenes graphisches Werk. Dieses unterliegt wiederum einem neuen, nun eigenen Copyright. Es ist ja auch einleuchtend: kein privater Verlag wird grossflächig im eigenen Land und noch weniger im fernen Ausland kartieren. Bei dem Vorgang der Kopie samt eigener Ergänzung gibt es natürlich problematische Schnittstellen, die an der Qualität des Endprodukts nagen.
Graphisches Abbilden der Realität
Amtliche Grundlagen sind meistens passgenau, das heisst, die Verortung stimmt. Sie stimmt jedoch nur nach kartographischen Richtlinien, die Verdrängung und Generalisierung beinhalten. Ein einfaches Beispiel ist ein enges Tal in der Schweiz mit einem Fluss, einer Bahnlinie, einer einer Autobahn und einer Nebenstrasse. Massstabbezogen geht sich die Darstellung nie aus, es müsste alles übereinander liegen und alle Elemente wären auch einzeln betrachtet viel zu breit. Man versetzt die Elemente somit gegeneinander und sie brauchen somit noch mehr Platz als in der Realität.
Wie man gegeneinander verdrängt, hängt allerdings vom Zweck der Karte ab. Eine amtliche Karte folgt der oben angeführten Prioritätenliste: Gewässer, Bahn und Stassennetz nach Rang. Leitet man davon eine Radkarte ab, kann die Sache schon wieder anders ausschauen, hier ist der genaue Verlauf der Radroute neben all diesen linienhaften Elementen wichtig. Nicht zu verachten sind auch Über- und Unterführungen sowie Kreuzungsbereiche. Dabei kann schon der Bach zur Seite rücken oder das Autobahnnetz übermalt werden.
Die Generalisierung ist ein Aussieben und ein Zusammenfassen. Das Aussieben kann man sich gut an Einzelhäusern vorstellen, die in einer Wanderkarte 1:25000 vielleicht noch einzeln dargestellt werden, bei 1:75000 stellt man aber statt den 50 Häusern eines Weilers nur mehr 30 dar. Wird der Massstab noch kleiner, fasst man zusammen: aus dem Weiler wird eine flächige Signatur (meist grau). Dieses Aussortieren und Zusammenführen erfolgt ebenso abhängig von der Thematik der Karte: Eine Wanderkarte wird immer alle parallel verlaufenden Wege darstellen, eine Strassenkarte wird im Zweifelsfall auf die Abbildung der Eisenbahn verzichten (das sieht man gut in der Kartenversion von Google Maps).
Schon alleine aus den genannten Gründen gibt es keine GPS-genaue Papierkarte und auch digitale Grundlagen unterliegen den selben Verdrängungs- und Generalisierungsregeln, weil es eben graphische Abbildungen der Realität sind.
Inhaltsqualität der Datengrundlage für Karten
Brauchbare Grundlagen
Die Grundlage ist nie 1:1 übernehmbar, aus rechtlichen Grunden und auch aus inhaltlichen Überlegungen. Die oben genannten amtlichen Karten haben den Vorteil der Passgenauigkeit und oft auch des guten Namenguts. Ihr grosser Nachteil ist die fehlende Thematik (Wandern) und auch oft das Alter der Erhebung. Auffallend ist dies bei Gletscherständen, diese belegen, dass die Grundlagen von amtlichen Karten oft 20 Jahre zurück liegen und nur einzelne Korrekturen bei den wenigen Neuauflagen vorgenommen werden.
Natürlich gibt es positive Ausnahmen wie die topographischen Karten der Schweiz, die auch zum Wandern ideal sind, weil der Massstab passt und bei der Erstellung bereits auf diese Thematik Rücksicht genommen wurde. Das selbe gilt für Frankreich. Dann gibt es Länder mit guten Datengrundlagen, aber keinen brauchbaren amtlichen Karten, wie z.B. Deutschland. In Österreich sind die amtlichen Karten gut, aber veraltet und sie wurden in einem zu kleinen Massstab erhoben.
Veraltete Grundlagen
Geht man weiter in den Süden, nimmt die Qualität und die schlichte Verfügbarkeit von amtlichen Karten drastisch ab. Private Verlage erstellen gebietsweise (aber eben nicht mehr flächendeckend) Karten, wo man sich manchmal über die graphische Darstellung wundert. Oft genug handelt es sich bei der Datengrundlage um Militärkarten, die in Italien meist aus den 1920er-Jahren stammen. Egal wie weit man diese optimiert, ergänzt und beschönigt, damit ist keine gute Karte zu machen. Auch nicht wenn man sie auf der selben Basis mit mit neuer Graphik hochzeichnet: es kommt zu Fehlern und es werden viele neue Inhalte vergessen, die allerdings wichtig für die Orientierung vor Ort sind.
Unten zwei exemplarische Ausschnitte der selben Elba-Karte, die 2014 noch verkauft wurde. Die aufgedruckten thematischen Inhalte zum Wandern entsprechen etwa dem Stand 2010, die Kartengrundlage ist Stand 1990 und die Kartengraphik entspricht anno 1950. Es handelt sich um die offizielle Karte des Nationalparks Arcipelago Toscano, die mindestens 30 Jahre in dieser Form im Handel war. Seit 2017 gibt es eine gänzlich überarbeite Neuauflage von 4LAND Trento.
Keine amtliche Grundlage
Man könnte meinen, keine Grundlage sei besser als eine Uralte. weil man dann von Grund auf sauber arbeitet. Das stimmt nicht, weil das gänzlich neu Erheben extrem aufwändig ist, kein Verlag kann es sich noch leisten und auch amtliche Stellen scheuen davor zurück. Verlage bieten in Wanderführern dann Kärtchen an, die nur für die jeweiligen Ausschnitte gemacht werden. Das Resultat kann man nicht als Karte sondern eher als Kartogramm bezeichnen. Ausgehend von Orthophoto, Satellitenbild oder freien Grundlagen wie Open Street Map (OSM) werden die verschiedenen Ebenen einer Karte zusammengebastelt. Ein grosses Problem stellt die Höheninformation dar, weil es für Höhenlinien und auch für eine Schummerung ein brauchbares Höhenmodell braucht. Die Arbeit damit erfordert einerseits spezielle und teure Software, aber auch die Basisdaten sind nicht perfekt: weltweit gibt es nur SRTM- und ASTER-Daten, deren Auflösung am Grund zwischen 30 und 90 Metern liegt. Auf 30 Metern können in der Natur mehrere wichtige und unterschiedliche Punkte liegen, die somit vereinheitlicht werden. Diese Daten sind roh, samt allen Fehlern die vor allem durch Abschattungen entstehen. Sie sind zum Erstellen einer Schummerung brauchbar, aber Höhenlinien werden zwangsweise dort falsch sein wo es relevant ist (nämlich im schwierigen Gelände).
Unten eine vergrösserte Ansicht einer Wanderkarte von Mallorca. Die Schummerung und die Höhenlinien sind aus einem guten Höhenmodell abgeleitet und gut bearbeitet. Die Karte schaut modern aus, allerdings vereinfacht sie echte topographische Karten weil sie keine Felszeichnung aufweist. Stattdessen entsteht der Eindruck steiler Passagen durch die Scharung der Höhenlinien. Nach kartographischen Richtlinien dürfen sie aber nicht Zusammenfliessen, was hier aber passiert.
Hat man also eine Karte vor sich, die auffällig schön gekämmte Höhenlininen aufweist und/oder eine Schummerung mit Kanten, so sieht man eine Karte, die auf solch einer Grundlage basiert. Das kann mehr oder weniger gut graphisch gelöst sein. Es ändert aber nichts daran, dass die Höheninformation nicht besser wird, sie bleibt im Massstab, welchen man zum Wandern braucht meist falsch Das gilt übrigens genauso für digitale Grundlagen und GPS-Tracks, auch wenn sie nachbearbeitet wurden.
Es werden manchmal auch sehr unterschiedliche Grundlagen zusammengespielt. So gibt es in eigenen Rother-Führern Kärtchen, die neu und sehr einfach im DTP (Adobe Illustrator) auf einer alten und händisch erstellten Schummerung gezeichnet wurden. Es fehlen dann die Höhenlinien und die Karte schaut trotzdem gut aus. Die Höheninformation fehlt aber völlig, eine Schummerung ist nur ein Hilfsmittel.
Unten ein Übersichtskärtchen einer Mehrtagestour in Mont-Blanc-Gebiet, Ansicht vor der Druck. hier hatte der Verlag keinen passenden Massstab zur Hand. Die Höhe wird nur durch Bergkämme und Gletscher angedeutet. Es fehlt eindeutig eine Schummerung. Erstellung im Zeichenprogramm Adobe Illustrator CS3.
Übertragung in eine neue thematische Karte
Wanderkarten sind thematische Karten, auch wenn sie der Topographie einen hohen Stellenwert einräumen. Die Grundlage wird schlichtweg abgepaust. Dabei enstehen Fehler, die sich durch mehrmaliges Abzeichnen fortsetzen: eine Wanderkarte eines deutschen Verlags aus einem italienischen Berggebiet geht meist diesen Weg: Militärkarte anno Steinzeit, privater italienischer Verlag aus den 1950er-Jahren, weiterer Verlag in den 1970er-Jahren, erste Ableitung durch den deutschen Verlag der davon verschiedene Versionen und Massstäbe produziert.
Man möge meinen, dass alles optimal ist, wenn man Orthophotos oder Satellitenbilder als Grundlage nimmt. Vermeintlich sieht man drauf alles. Bloss handelt es sich um eine passgenau Abbildung der Realität: hier liegen der Fluss, die Bahn und die Autobahn wirklich fast übereinander. Daraus entstehen zwei Probleme:
- Man muss nach kartographischen Richtlinien Verdrängen und Generalisieren. Das ist eine Wissenschaft für sich und in den wenigsten Fällen sind dabei Kartographen am Werk sondern Graphiker, welche die Aufgabe nach ihrem eigenen ästhetischen Vorlieben umsetzen. Das mag schön aussehen, wird aber nicht zwangsweise richtiger.
- Man erkennt auch in hochauflösenden Bildern nicht alles. Das einfachste Beispiel ist ein Weg im Hochwald, dieser ist einfach unsichtbar. Deswegen setzen amtliche Stellen auf die teuren Geländebegehungen.
Wanderkartenthematik
Fast gleichzeitig mit der Übertragung der Grundlage wird die eigene Thematik eingetragen, bei Wanderkarten also farbige Wege und Symbole (Piktogramme). Dabei kommt es auch wieder zu Verdrängung und Generalisierung.
Aber auch diese Datenebene hat eine Quelle oder mehrere wenn wir ehrlich sind. Zuerst handelt es sich um die alten Karten des Verlags und weitere Karten, die man von der Konkurrenz zukauft (wohl gemerkt: diese arbeitet mit den selben Mitteln). Bei der Neuauflage einer Karte ist ein Redakteur auch damit beschäftigt die seit der letzten Auflage eingelangten Änderungen einzupflegen. Für die Mehrzahl der Information liegen aber keine neuen Informationen vor. Das heisst nicht, dass sich nichts geändert hat. Faktisch muss jede Hütte und jeder ausgewiesene Wegweiser hinterfragt werden. Früher erfolgte das telephonisch bei Gemeinden, Tourismusverbänden und alpinen Vereinen. Heute ebenso, allerdings über das Internet. Es liegt auf der Hand, dass dabei Fehler und Versäumnisse passieren. Die Frage, ob die Quelle beim Quellensymbol im Tal XY wirklich noch Wasser spendet, bleibt meist Jahrzehnte unbehandelt.
Heute findet man viel Information im Internet, vor allem von privaten Leuten in Blogs. Man könnte fast meinen, damit wäre alles ideal erfassbar, man bräuchte zum Erstellen von Karten gar nicht mehr weitere Daten. Doch diese Information ist bei weitem nicht flächig verfügbar, die wenigsten Blogger machen genaue Ortsangaben und besonders oft fehlt ein Datum. Das beste Bild einer Brücke ist wertlos, wenn man nicht weiss, wann es entstanden ist.
Zuletzt leiden gedruckte Karten auch am Altern. Auch wenn die Karte zum Stichtag der Erstellung genau ist, so braucht es auch im Idealfall meist 6 Monate bis die Karte im Handel ist und mehr als ein Jahr bis man sie als Nutzer im Zielgebiet einsetzt. Wir wissen alleine aus dem Bereich um unseren Wohnort was sich alles in einem Jahr ändern kann. Karten sind ungenau.
Methoden der Verlage
Ausschneiden und Überzeichnen
Die schnellste Variante, Karten in Wanderführer zu bekommen besteht darin eine existierende Karte des Gebiets heranzuziehen, sie auszuschneiden und darüber zu zeichnen. Aus kartographischer Sicht entstehen hierbei mehrere Fehler. Durch das regelrechte Ausschneiden wird Kartentext beschnitten, das schaut schlecht aus und diese Information fehlt auch in der Karte. Durch das darüber Zeichnen werden oft Inhalte überdeckt und unterdrückt. Zuletzt entsteht ein Problem mit dem Massstab: im kleinen Buch ist wenig Platz, also zoomt der Graphiker die Karte bis es ihm passt. Die Basiskarte ist jedoch für einen gewissen Massstab gemacht und somit zu gross (riesige Schrift) oder zu klein (nicht lesbar). All diese Mängel werden in Kauf genommen, um Kosten zu sparen.
Unten ein Beispiel aus einem Kompass-Wanderführer. Die Kartengrundlage ist digital und trotzdem ist sie brutal beschnitten, das hätte man mit wenig Aufwand vermeiden können. Die hervorzuhebenden Wege sind überdruckt, allerdings bleibt die Schrift frei. Die Karte ist für ihren Basismassstab zu weit hineingezoomt.
Nur Ausschnitte neuzeichnen
Liegen gar keine Daten im Verlag vor und wird in absehbarer Zeit von dem Gebiet auch keine vollständige und flächige Karte im Gebiet gebraucht, so macht man einfache Kärtchen auf Basis unterschiedlichster Vorlagen. Ihnen ist gemein, dass sie meist keine Schummerung und keine Höhenlinien aufweisen, weil der Aufwand dafür zu gross wäre. Diese Karten sind kaum für andere Zwecke verwendbar
Hier unten ein Kärtchen, wie es für einen Führer erstellt wurde, wo es in einigen Gebieten keine Karten im Verlag gab. In dem recht einfachen und flachen Gebiet fällt die mangelnde Höheninformation nicht auf. Erstellung und Ansicht im Zeichenprogramm Freehand 10.
Unten zwei Beispiele von sehr sparsamen Kärtchen. Hier wird nicht einmal eine Kartengrundlage angedeutet. Links ein Kärtchen aus einem Folder des Naturparks Karwendel in Zusammenarbeit mit dem Alpenverein, hier hätte man sich schon etwas bessere Karten erwartet, zumal sie verfügbar gewesen wären. Rechts die Urform einer Skizze, händisch gezeichnet.
GPS-Tracks zu Karten und Wanderführern
Nutzer von Wanderführern beschweren sich oft über Fehler im Text oder in den Karten, sehen dabei aber oft ein, dass die Zeit einfach Veränderungen im Gelände verursacht. Oft verwächst ein Zustieg, oder Neubauten verändern die Lage gänzlich. Relativ uneinsichtig sind Nutzer aber wenn sie angebotene GPX-Dateien nutzen, in ihr GPS-Gerät oder Handy landen und beim Gehen merken, dass der GPS-Track nicht stimmt. Dabei gibt es zwei Arten von Fehlern:
Erfassungsfehler, welche ähnliche Ursachen wie Fehler in Papierkarten haben.
Lagefehler durch streckenweise konstanten Versatz: dieser entsteht durch die unterschiedliche Verortung durch die Satelliten. Zu jeder Tageszeit und Saison hat man vor Ort Zugriff auf eine unterschiedliche Anzahl an Satelliten, die auch unterschiedlich gut positioniert sein können. Die Angaben an einem und dem selben Ort wird selten immer das selbe Resultat liefern. Abschattungen durch Gelände und Wald lassen die Verortung noch mehr herumtanzen. GPS-Daten sind immer nur ein Hinweis und ersetzen nicht das Orientieren. Wenn der Track 10 Meter neben dem Weg im Fels geht, wird man bitte trotzdem am Weg und nicht im Fels gehen. Im zerklüfteten Gelände sind Lagefehler bis zu 30 Meter normal! Sehr oft liegt allerdings der Track des Wanderführers genauer als die eigene Verortung.
Es gibt aber auch den Fall wo Papierkarten und Digitalkarten falsch sind, aber der Track im Satellitenbild und in der Natur passt. Auch dann kann man als Nutzer meinen, der GPS-Track leitet einem in die Irre.
Hier unten sieht man den selben GPS-Track in einem im alpinen Bereich im Norden der Toskana. Links auf Open Street Map und rechts auf in Google Maps.
GPS-Tracks für Wanderführer und Wander-Apps
Jeder Wanderer, der selber schon Tracks aufgezeichnet hat weiss, dass diese Tracks Zacken und Fehler aufweisen und so gar nicht mit einer Karte oder dem Satellitenbild zusammenpassen. Das heisst, dass alle GPS-Tracks die Verlage anbieten, bearbeitet sind. Wenn man verarbeiten sagt, bedeutet dies, wie wir wissen: Beschönigen und weitere potentielle Fehler Einbauen. Ist ein Original-Track wegen der vielen Zacken meist zu lang, so ist ein geglätteter Track meist zu kurz, weil man in der Natur wesentlich mehr kleine Kurven macht.
Doch wie entstehen die Tracks, welche zu Wanderführern und in Apps von namhaften Verlagen angeboten werden?
Idealerweise begeht der Autor alle Wege und führt ein gutes GPS-Gerät mit. Idealerweise macht er das auch alles bei optimalen Stand der Satelliten und wenn er ganz genau sein will investiert er privat viel Geld in eine so genannte Basisstation (damit kann man Fehler mit dem mobilen Gerät etwas ausgleichten). In Wahrheit wird nichts davon gemacht:
- Es werden heute faktisch keine Gebiete mehr neu erschlossen: Das heisst, es gibt die Wegbeschreibungen aus vorangehenden Auflagen (oder von der Konkurrenz). Auch wenn bei einer Erstauflage eventuell wirklich alle Wege begangen wurden, so war dies vor dem GPS-Zeitalter.
- Wie oben beschrieben, sind Original-Tracks unbrauchbar. Besonders fehlerhaft sind die Höheninformationen der Stützpunkte (Das liegt an der geometrischen Lage der Satelliten).
- Autoren begehen Wege wenn sie es können und achten höchstens auf einen optimalen Sonnenstand für Photos. Die Tracks sind fehlerhaft, haben Aussetzer etc.
- In teure Geräte investiert kein Autor. Ich führe ein ganz normales Handy mit GPS-Funktion mit mir.
Ich habe es schon angedeutet: es werden bei Neuauflagen nicht alle Wege neu begangen. Auch Touren, die gänzlich neu aufgenommen werden, werden nicht immer begangen. Das liegt vor allem daran, dass die Autoren selten vor Ort wohnen und es sich mit den anfallenden Tantiemen einfach nicht ausgeht, alles zu begehen. Für die 50 Touren, die viele Wanderführer nun aufweisen, bräuchte man alleine zur Begehung, unter Berücksichtigung des Wetters, je nach Gebiet, mindestens vier Wochen und dabei ist noch kein Track bearbeitet und kein Text geschrieben. Zusätzlich möge man noch die Reise- und Übernachtungs- und Verpflegungskosten hinzurechnen, so wird man merken, dass der Aufwand einen vielfachen vierstelligen Euro-Betrag ausmacht. Wissend, dass ein Autor für einen Wanderführer nur selten mehr als EUR1000/Jahr vom Verlag erhält, wird klar, dass Autoren nicht monatelang alle Wege ablaufen können.
Für Tracks wird also, so wie für Karten, auf alle möglichen Grundlagen zurückgegriffen. Das gilt für das korrigieren von Original-Tracks, für das nachträgliche Erfassen bestehender Touren und für das Erstellen neuer Wegabschnitte. Ereignet sich beispielsweise ein Felssturz oder wird ein Zustieg verbaut, so hat der Autor von seiner Erstbegehung oft Alternativen notiert und/oder photographiert, mit welchen er die Route ohne extra Anreise erneuern kann. Der Track wird auf unterschiedliche verfügbare Grundlagen geladen und möglichst genau angepasst. Vor Ort war aber niemand. Wie wir jedoch bei der zweifelhaften Qualität der Original-Tracks gesehen haben, ist das nicht schlechter als vor Ort sein und nur dem aufgenommenen Track zu vertrauen.
Unten zwei Tracks auf der selben Grundlage, die gut veranschaulichen, dass Original Tracks nicht direkt verwendbar sind. Erstens begeht man als Autor den Weg nicht linear sondern sucht nach Varianten, das sind die blauen “Sackgassen”. Zweitens ist die Linie extrem zittrig, weil die GPS-Messungen ungenau sind. Drittens kann man Abschnitte gehen, die man verwirft um letztendlich die Route über den einfacheren Normalweg zu führen (im Screenshot rechts). Der Ausschnitt unten stammt aus der hier fertig beschriebenen und aufbereiteten Wanderung: Kapellen und steinzeitliche Grabstätten rund um Cabasse.
Höheninformation in GPS-Tracks und im Wanderführer
Idealerweise sind alle drei Informationsebenen stimmig: der Text, die Karte und der GPS-Track passen zusammen. Aber anhand der Seehöhe kann man leicht sehen, auf welchen wackeligen Gerüst diese Gleichheit hergestellt wird. Seehöhen wurden früher, bei den Ersterhebungen vor dem ersten Weltkrieg, wirklich vom Meer weg gemessen. Konkret folgte man dabei Eisenbahnstrecken, deswegen findet man auch noch heute auffällig genaue Höhenangaben auf Bahnhofsgebäuden. Von diesem Hauptnetz ausgehend, gab es Abzweigungen bis in die Täler und hinauf bis zu wichtigen Gipfeln. Daraus entstanden Höhenfestpunkte, die somit als fix galten und gelten. Ein zweites Mal wurde dieser Aufwand nicht betrieben. Rein statistisch betrachtet ist auch dieses fixe Netz an Höhenpunkten mit Fehlern behaftet. Dazwischen, im breiten Feld, gab es nur geschätzte und interpolierte Höheninformation.
Höhenlinien und genauere flächige Höheninformation gab es erst nach dem zweiten Weltkrieg mit der stereoskopischen Orthophotographie: aus zwei genau vermessenen, aber leicht versetzten Luftbildern konnte man optisch eine 3D-Ansicht erzeugen, in welcher der Kartograph gleich hohe Linien nachfahren konnte, also Höhenlinien nachzeichnete. Die so gewonnene Höheninformation wurde anschliessend in das Netz der Höhenfestpunkte gehängt. Die Höheninformation ist also keine absolute an einem Punkt sondern eigentlich eine relative, die immer von einem Punkt am Meer ausgeht (für Österreich ist das der Pegel von Triest).
Auch neue Höhenerhebungen werden grob in existierene Netze eingebetet, aber nur was ihre Lage betrifft. Die Höhenangaben tanzen gravierend auseinander. Und hier ist das Problem der divergierenden Höheninformation für ein und den selben Punkt begründet. In einem Führer und auch in der App basieren die Höhenangaben auf amtlichen Karten und wenn es diese nicht gibt aus Angaben vor Ort. Letztere sind als De-facto-Höhe zu betrachten, sie muss weder absolut stimmen noch mit irgendeiner anderen Quelle übereinstimmen. Aber sie steht am Wegweiser.
Karten im Führer werden in der Regel auch daran angepasst. Karten andere Anbieter weisen nicht zwingend genau dieselbe Höhe an besagten Punkt auf. Diese Höhe stammt meist aus amtlichen Grundlagen und somit aus den analogen System der Höhenfestpunkte. Es gibt auch Höhendaten, die nur geschätzt werden oder vor Ort mir barometrischen Höhenmessern ermittelt werden. Diese Werte sind ebenso mit Schwankungsbreiten versehen, die gerne über +/-5m liegen
Höheninformation im GPS-Gerät
Die Positionierung erfolgt über Satelliten in der Erdumlaufbahn, die idealerweise weit auseinander liegen, da die gesuchte Lage über Linienschnittpunkte berechnet wird. Kreuzen sich zwei kurze Linien im einem annähernd rechten Winkel, so ist der Schnittpunkt recht gut definiert. Ganz anders schaut es mit unseren Satelliten aus, diese sind alle hoch oben weit weg und in den Alpen hat man oft nur Sicht zu nahe stehenden Satelliten. Die Linien sind viel länger und schneiden sich in ganz engen Winkeln. Somit ist die Lage von einer Messung zur anderen ungenau, aber die Höhe ist noch viel ungenauer. 100 Meter und mehr Abweichung sind auch heute keine Seltenheit.
Dieser absolut wirkende Fehler ist aber wiederum relativ, denn die Höhe steht ja in Bezug zu einem Nullniveau. Von diesem haben die Satelliten und das GPS nur eine ungefähre Information, weil sie die Erdoberfläche (und dessen Nullniveau) vereinfachen. Das Nullniveau entspricht einer abgeflachten Orange, samt ihren Unebenheiten (Geoid), die natürlich nie in die schnellen GPS-Berechnungen miteinbezogen werden. Das heisst, die gegebene Höheninformation ist auch in Relation zum echten Nullniveau immer um einige Meter verfälscht.
Das Schema unten zeigt diese Verformungen: in grün strichliert (2) die Erde am Nullpunkt als Ellipsoid, diese Form bildet die Erde besser ab als eine Kugel und ist auch noch recht einfach in Rechnungen einzubeziehen. Die fast senkrechten Linien (3) stellen die Lotrichtungen an den gegebenen Stellen dar, sie hängen von der Erdmasse an der speziellen Stelle ab. Drauf basiert die schwarze Linie (5), die im rechten Winkel zum Lot onduliert. Dies ist die Geoid-Oberfläche.
Die grössten Fehler enstehen bei der konkreten Messung. Deswegen sind Höheninformation von GPS-Tracks unbrauchbar und werden in der Regel verworfen. Die Tracks werden über etwas sauberere Geländehöhenmodellen gelegt und so wird die Höhe der Waypoints erfasst.
Höheninformation aus Geländehöhenmodellen
Verfügbare Höhenmodelle stammen aus Satellitenmessungen (SRTM und ASTER), die einigermassen brauchbar über das Modell der abgeflachten Orange gelegt werden. An einigen wenigen Punkten (meist auf Meeresniveau) wurde das Modell zurechtgebogen, so dass es überall grob passt. Das heisst, es besteht keine Abgleichung mit amtlichen Höheninformationen und erst recht nicht mit den Höhenangaben auf alten Wegweisern. Die Höhenangaben können somit gar nicht zusammenpassen, in der Regel differieren die Angaben um +/-30m, aber stärkere Ausreisser kommen oft vor.
Die Grundauflösung der Höhenmessung und der Höhenmodelle liegt bei 30 oder meist 90 Meter, dazwischen wird interpoliert. Das heisst, dass ein modernes Höhenmodell eine schlechtere Auflösung haben kann als Höhenlininen in einer Karte aus den 1960er-Jahren.
Höhen zusammenführen
Wenn man Angaben beim Ausgang einer Tour, bei Hütten dazwischen und am Gipfel als fix betrachtet, muss man auch die GPS-Tracks daran anpassen. Das ist mit den Waypoints relativ einfach, indem man dessen Höhe händisch setzt. Aber dazwischen haben die vielen einzelnen Stützpunkte auch eine Höhenangabe. Verlage füllen diese meist mit den Daten aus den Höhenmodellen und somit passen die Höhen an den fix gesetzten Waypoints nicht mit dem Track zusammen. Ganz falsch wäre es, nur dieses digitale Höhenmodell für alle Information in den Wanderführern heranzuziehen, denn die Einzelangaben bei Brücken, Hütten und Gipfeln sind in der Regel wesentlich genauer als die weltweiten Höhenmodelle.
Ich passe die Waypoints an die bekannten Höhen an und lasse die vielen einzelnen Linienstützpunkte lieber ohne Höheninformation. Am GPS-Gerät oder dem Handy wird man selten diese Höheninformation abfragen und zu Hause lädt man die Daten, wenn überhaupt, sowieso in ein Programm, welches Höhen mittels ebendieser SRTM- und ASTER-Daten darstellt. In diesen Programmen gibt es keinen anderen Höhenbezug und somit liegt der Track direkt am Geländemodell. Diese Programme kennen in der Regel auch die mangelnde Qualität der Höheninformation in Tracks und somit stellen sie Höhenprofile und andere Höheninformation ohnehin mit dem eigenen Höhenmodell dar.
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