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Sonntag, 23. Juni 1996
Nach wenigen Stunden im Bett läutet schon um 6 Uhr der Wecker (für Sonntag ganz schön früh). Das Frühstück gab es wieder im Bett.
Fahrt am Cassiar Highway
Hwy 37 North (Cassiar Highway)
Um 07:15 starteten wir dann bei herrlichem Wetter und sonntäglicher Ruhe zurück zur Meziadin Junction. Heute haben wir (die Adler) uns den Höhenmesser besorgt, und damit wird die Geländeeinschätzung plötzlich unglaublich besser. Nach gut 70 km treffen wir unser erstes Auto (einen Holztrucker). Die Landschaft ist nicht mehr so stark bewaldet: Hügeln, Drumlins und Grundmoränenlandschaft.
Aber es wird am Sonntag auch gearbeitet: Die Strasse wird ausgebaut (zumindest einmal asphaltiert). Die Arbeiter sehen eher aus wie Imker, aus der Nähe betrachtet wird die Kleidung dann verständlich, da man in dieser Gegend besonders umschwärmt wird (vor allem von allen möglichen Moskitos). Ein Bär läuft über die Strasse, sonst ist nicht so viel Verkehr. Dem Fahrstil des Adlerbusses entsprechend, wird dieser auch durch einen Reifenplatzer (rechts hinten) ausgezeichnet. Aber die Techniker Lemmi und André haben die Chance erkannt und werfen sich in den Dreck zum Reifenwechseln. Dadurch konnten sie sich vom Bus-Putztermin in Watson Lake freiarbeiten. Schon nach einer halben Stunde Boxenstop geht es weiter auf der langen Tour. Leider waren während des Reifenwechsels die Türen des Busses offen, dadurch mussten wir das Auto zuerst von Mücken und Gelsen säubern.
Nach der Überquerung eines etwa 600 m hohen Passes erreichen wir das Iskut River Valley. Das Tal liegt nicht hoch über dem Meeresspiegel (mündet später in einen weiteren Fjord). Der Blick auf die verschneiten Coast Mountains (Spectrum Range) darüber ist beeindruckend (bis 2600 m hoch!). Hier am Osthang des Gebirges steigt aufgrund der Leelage die klimatische Schneegrenze rasch wieder auf 1800 m und darüber an. Im Fluss sehen wir einen Elch stehen (Elche halten sich gerne im Wasser auf wer weiss warum?). Etwas unterhalb des Passes kommen wir an einem Flugfeld vorbei. Außer einem in den Wald hineingeschlagenen Rollfeld und ein paar Treibstoffässern scheint dieses aber ziemlich verlassen zu sein. Im Iskut River Valley durchfahren wir ein großes Waldbrandgebiet aus den 50er Jahren. Mittlerweile sind wieder viele junge Bäume nachgewachsen. Am Kinaskan Lake machen wir eine Fotopause. Die schöne spiegelglatte Wasseroberfläche muß einfach festgehalten werden.
Auf einem etwa 1100 m hohen Pass machen wir bei einem winzigen Souvenirladen eine kurze (Rauch)pause. Dabei müssen wir unbedingt den bereitstehenden Schaukelwagen ausprobieren! Ausserdem eignet sich der Platz an einem See gut zur Beobachtung eines Biberhaufens.
Weiter führt die Fahrt steil hinunter ins Stikine River Valley. In ca. 700 m Seehöhe überqueren wir die große Brücke (mit Gitter als Fahrbahn). Danach erfolgt ein neuerlicher Anstieg auf den Gnatpass ( 1241 m ). In Dease Lake (am gleichnamigen See) gibt es Mittagessen. Nach Dease Lake führte auch eine Eisenbahn (von Prince George ausgehend). Es war allerdings nur mehr der Bahndamm vorhanden. Kurz vorm Dease Lake überfahren wir ganz undeutlich erkennbar die Continental Divide, das heißt wir befinden im Flußeinzugsgebiet des fantastischen Mackenzie Rivers, der in den Arktischen Ozean mündet. So stellt man sich Kanada vor: Berge, Wälder, Seen, Schotterstraße. Die Wälder sind nun sehr durchgehend. Nur einzelne Waldbrände bieten wieder riesige Kahlflächen (der jüngste allerdings von 1942). Nach einem weiteren etwa 1000 m hohen Paß in den Cassiar Mountains erreichen wir Jade City. Dort finden wir den größten Jade-Bergbau der Welt.
Bei der Weiterfahrt in den Norden machen wir ein kleines Nickerchen im Bus. Beim Erwachen gibt es eine Überraschung: Die Landschaft ist wieder unglaublich traumhaft: wir befinden uns auf einem Plateau in etwa 850 m Seehöhe. Der Wald ist endlos, extrem dicht und die Bäume sind sehr spitz. Die Landschaft ist flachwellig und mit kleinen kristallblauen Seen dazwischen. Die Strasse führt pfeilgerade durch, und wird so zur reinsten Hochschaubahn (vor allem mit Baumi als Fahrer). Aber zugegebenermassen hat es hier echt Spass gemacht, über die Kuppen zu sprigen!
Bald darauf erreichen wir den 60. Breitenkreis, und damit das Yukon-Territory. Das wird mit einer Pause mitten auf dem Highway gefeiert. Verkehr war ja ohnehin soviel wie keiner. Der Wald wirkte hier sehr trocken und die Nadeln der Bäume eher rotbraun.
Wenige Kilometer später erreichen wir den Alaska Highway. Auf diesem überqueren wir noch den Liard River, dann erreichen wir endlich Watson Lake.
Watson Lake
Alaska Hwy East
Watson Lake ist die zweitgrößte Stadt im Yukon Territory – mit 1700 Einwohner. Das Yukon Territory beherbergt auf 483.450 km² 34.000 Einwohner (davon 27.000 in Whitehorse, der Hauptstadt) und als Vergleich dazu mehr als 150.000 Cariboos. Die Klimaverhältnisse sind sehr kontinental: Temperaturen von -30°C bis +50°C kommen hier vor! Wir fallen auf die wärmere Zeit, und es ist wirklich heiß! Watson Lake ist also ein zentraler Ort für ein riesiges Gebiet, und hat Bedeutung für die Versorgung. Es fehlt eine Downtown, der Ort ist extrem weitläufig (wer will schon neben der Gas-Station wohnen?).
Das Wetter ist wirklich traumhaft, und das Hotelzimmer riesig (doppelt soviel Platz wie sonst üblich – jeder hat sein eigenes Bett). Am Abend probieren wir den Waschsaloon bei der Tankstelle aus. Sitzen dabei eine Zeit lang vor dem Haus auf der Strasse und unterhalten uns gut.
Why Lake
Christian war noch kurz mit Doris am Wye Lake. Dabei haben sie eigenartige Tiere beobachtet: auf der Wasseroberfläche laufende Schmetterlinge, Unterwasserspinnen u.s.w. André und Sabine waren nachts in dem Wasser auch baden (und machten dabei Bekanntschaft mit Blutegeln).
Wieder im Hotel trifft Christian auf die von einer Blackfly gebissenen Karin. Da sie allergisch darauf reagiert, fahren Berthold, Sabine, Doris und Christian mit ihr ins nahe Krankenhaus (den Tipp gab uns der nette Portier des Hotels, Christian wird nie sein Gesicht vergessen, als er Karin sah). Wir warten auf den Arzt. Der spricht nicht nur österreichisches Deutsch, sondern kommt aus Bad Hall. Wir tratschen etwas mit ihm. Karin bekommt derweil 3 Spritzen ins Augenlid, und 1 in den Hintern. Ausserdem jede Menge Tabletten zum Schlucken. Sie schaut aber bald viel besser aus. Danach geht es ums Zahlen: 100 can$ fürs Krankenhaus, und 50 can$ für den Arzt. Dafür schenkt dieser der Karin einen ganz schön grossen Goldklumpen! Nachher gehen wir noch kurz ins Pub auf einen Whisky Orange. Erst anschliessend gibt es endlich ein Abendessen im Zimmer (Mitternachtsjause), wo dann auch André und Sabine dabei sind. Danach machen sich André und Christian nochmals auf zum Wye Lake, wo sie um 1 Uhr morgens die Dämmerung geniessen und fotographieren. Beobachten Käfer, die über den See schwimmen. Während es dann schon wieder heller wird, gehen sie endlich schlafen.
Montag, 24. Juni 1996
Erst um 9 Uhr Vormittag gibt es heute Frühstück im Hotel (ziemlich teuer). Danach machen wir uns ans Autowaschen, während die anderen einkaufen. Das Adlerauto schaut danach wirklich gut aus, das Hühneraugenauto eher bemitleidenswert (trotz eines zweiten Versuchs).
Diavortrag über Alaska Highway im Visitor Center, die Quintessenz: Der Alaska Highway wurde ohne Rücksicht auf Verluste in nur 2 Jahren von 1942 bis 1944 von der US-Armee gebaut, weil sie eine Invasion der Japaner in Alaska befürchteten.
Lucky Lake
Bald darauf fahren wir zum Lucky Lake (ein Stück am Alaska Highway 1 South).
Der Lucky Lake ist ein Todeissee, in dem Grundmoränenmaterial des letzten eiszeitlichen Cordilleran Icesheets gelagert ist. Durch den extrem langen Transport des Materials durch den Gletscher über flacheres Gebiet kam es zu verstärkter Sandbildung. Dadurch gibt es in dieser Umgebung sehr viel Sand.
Es ist sehr warm, schönes Wetter und der See hat einen Sandstrand (auch ein Beachvolleyballnetz und ein Floss). Essen und sonnen am Strand. Spät aber doch wagt auch Christian den Sprung ins kalte Wasser. Es ist zwar eine ganz angenehme Abkühlung, aber im Endeffekt doch eiskalt (es war auch ein leiser Wind am Strand zu bemerken).
Zurück in Watson Lake
Gegen 17 Uhr macht ein Teil der Gruppe einen Ausflug zum Liard River. Es ist extrem heiss, staubtrocken und teilweise stapft man ganz schön im Sand. Die Bäume schauen sehr schlecht aus. Vor allem wachsen hier Föhren. Wie wir von Einheimischen erfahren, gab es hier seit 3 Wochen bereits keinen Regen mehr. Es herrscht sehr hohe Waldbrandgefahr. Sollte es noch weitere 2 Wochen trocken bleiben, würden es die Bäume nicht überleben. Beim Fluss halten wir uns kurz auf, und suchen vergeblich nach Gold. Finden tun uns aber vor allem Gelsen.
Es ist auch am Abend noch sehr warm (vor allem im Hotel, wo es keine Klimaanlage gab). Wir machen ein Eisbad in der Wanne für die Getränke. Zum Glück gibt es nämlich einen Eisautomaten am Gang, wo man sich jederzeit nach Herzenslust Eiswürfeln nehmen kann.
Um 20 Uhr gehen wir in die Pizzaria essen. Der vorhandene Riesenhunger wurde mit einer griechischen Riesenpizza (ohne Schafkäse, der war gerade aus) gestillt. Nachher, bei Sonnenuntergang (ca. um 23 Uhr), machen sich Sabine, Karin, Elisabeth, André und Markus mit Christian auf den Weg rund um den Wye Lake. Dabei gilt die Devise: “Nicht stehenbleiben, sonst fressen dich die Gelsen!” Da wir nicht immer den Weg finden, kommen wir auch in die Wildnis.
Danach geht es noch auf eine Runde Apple Cider in das Pub. Wir unterhalten uns nett mit dem betrunkenen Portier vom Hotel. Das Verhältnis Männer zu Frauen ist in Watson Lake angeblich besonders traurig für eine Seite (M:F = 4:1). Viele Holzfäller arbeiten monatelange in der Wildnis, und kommen dann für ein paar Tage hier vorbei. Bei Dämmerung (ca. 1 Uhr) kommen wir zurück zum Hotel. Dort müssen wir auch einmal ins Wasserbett springen, dann wird von Gerda eine schöne Tafel für den sign-forest gemalt, wo wir uns alle unterschreiben. Erst noch später fallen wir die heissen Betten.
Dienstag, 25. Juni 1996
Andenken im Schilderwald
Nach einem ausgiebigen Frühstück im Zimmer geht es um 9 Uhr zunächst zum Schilderwald in Watson Lake. Nachdem ein vom Heimweh geplagter amerikanischer Soldat hier 1942 beim Bau des Alaska Highways einen Wegweiser zu seinem Heimatort Danville befestigt hatte, entstand hier eine Sammlung von mittlerweile ca. 30000 Schildern aus aller Welt. Das von Gerda Forstner gefertigte Schild (mit den beiden Vans und unseren Unterschriften) wurde vorschriftsmäßig montiert, fotographiert und sodann verlassen.
Ein kleines Grüppchen von Studenten sitzt noch beisammen im Gras, und wir machen Meditationsübungen, um uns auf den Tag einzustimmen, ob das mehr hilft, als die Stretchingübungen von Gerry bleibt offen. Eine Gaudi war es allemal.
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