Gregor Heidrich/Radvenis der Aviator

Gregor war früh von der Fliegerei begeistert, so sehr, dass er in den 1930er-Jahren daraus seine Hauptbeschäftugung machte. Er war ab den 1920-Jahren bei den sich langsam aber stetig umfassend bewaffnenden litauischen Streitkräften. Er baute auf der grossen Düne von Nida die litauische Segelfliegerschule auf und wird Fluglehrer indem er dafür vom litauischen Heer freigestellt wird. Neue Dokumente belegen allerdings auch, dass er sich im Jänner 1941 freiwillig der Wehrmacht anschloss obwohl andere seiner Brüder weder bei den Russen noch bei den Deutschen kämpfen mussten.

Letztes Update: 14. April 2025

Diese Seite basiert für dem beruflichen Teil grossteils auf der litauischen Seite Grigorius Heidrikis-Radvenis – pirmasis sklandymo instruktorius Lietuvoje, auf einzelnen Einträgen in den Biographie-Seiten und dem Forum von Lietuvos Aviacijos Istorija 1919 – 1940 m und auf erhalten Dokumenten aus der Nazi-Zeit und der Behörden der Amerikanischen Besatzungszone. Das Bildmaterial stammt grossteils aus unseren privaten Familenalben, die den Weg über die Flucht durch Polen nach Deutschland und zuletzt nach Tirol in Österreich zurückgelegt haben. Andere Bildquellen sind im Text immer vor dem Foto vermerkt. Sämtliche Fotos sind über 70 Jahre alt. Keine der abgebildeten Personen ist 2025 noch am Leben. Das Bildmaterial ist ursprünglich grossteils von Gregor persönlich mindestens mit Ort und Datum beschriftet. Manchmal gibt es auch persönliche Kommentare von ihm hinten. Wir ordnen sie hier nicht strikt chronologisch sondern nach Themenblöcken. Diese sind wiederum chronologisch von alt/oben nach rezenter/unten geordnet. Rot gehaltene Passagen sind unklar und erfordern weitere Recherchen.

Vor einigen Zeiten schrieb ich die kurze Lebensgeschichte des jüngsten Heidrich-Bruders Bruno nieder, ohne dass ich abschliessend alle Facetten aufklären konnte, es bleibt dort noch einiges zu recherchieren. Auch jene ses ältesten Heidrich-Bruders Gregor wird wohl lückenhaft bleiben müssen, zu wirr waren die Wege im Zweiten Weltkrieg, zu lange ist das alles her. Gregor hatte im Gegensatz zu Bruno Kinder und es leben noch Enkelkinder die vielleicht mehr zur Zeit nach 1950 beitragen können. Auch diese Seite bleibt wohl dauerhaft in Bearbeitung.

Gregor, der älteste Bruder der Familie Heidrich

Gregor wurde im Herrenhaus Parausi, im Dorf Bartninkai als Grigorius Heidrikis geboren. Heute gehört dieser Bereich zur Kleinstadt Marijampolė. Er ist das erste Kind von Karl. Dieser hatte in der Folge noch zwei Söhne und eine Tochter mit Maria, die jedoch zwei Jahre nach der Geburt der Tochter stirbt. Gregor war damals 8 Jahre alt. Karl hat mit einer weiteren Frau zwei weitere Kinder: Lydia, das ist die Grossmutter meiner Frau Alexandra und eben den schon erwähnten Bruno 1916. Diese Jahre mögen mitten im Ersten Weltkrieg liegen, dieser tangierte die Baltischen Staaten anfangs aber nur am Rande, auch wenn 1915 Deutschland die damals russischen Gebiete Litauens besetzt. Das ist als deutschstämmige Familie wahrscheinlich kein grosses Übel. Mit der Schwäche Deutschlands (Kriegsverlierer) und Russlands (Revolution) eröffnet sich 1917/1918 für die Baltische Staaten das Fenster der Unabhängigkeit.

Gregors Familie sind deutschstämmige Gutsverwalter, so wird es jedenfalls in der Familie erzählt. Es gibt zwar Fotos des Familienvaters mit Pferden, aber die Familie lebte in einem Haus in der Kleinstadt Marijampolė, konkret an der Kauno gatvė 27. An besagter Adresse steht noch immer ein Haus in der Grösse und Position von damals.

Haus in Marijampolė Kauno gatvė 27 am 17 Oktober 1933

Haus in Marijampolė Kauno gatvė 27 am 17 Oktober 1933

Pferde waren in Litauen Statussymbole, es ist also logisch, dass der Familienvater damit abgelichtet wurde. Der Aufnahmestandort ist vermutlich Marijampolė. Das Haus im Hintergrund ist definitiv ein Bauernhof oder ein Stall. In den 1930-Jahren lebten Litauer zwar noch in Holzhäusern, Strohgedeckt waren diese Wohnhäuser aber nicht mehr.

Karl mit Pferd vor reetgedecktem Haus im Sommer 1932

Karl mit Pferd vor reetgedecktem Haus im Sommer 1932

Obwohl es von einigen Geschwistern und Cousinen Kinderbilder gibt, ist das erste erhaltene Bild Gregors eine noch sehr gestellte Aufnahme mit seinem Vater und dem dritten Sohn Erich. Es ist 1920 in Kaunas aufgenommen. Gregor ist 17 Jahre alt, Karl ist 50 und Erich 15. Dieses Bild ist übrigens das erste und eines der wenigen von ihm ohne Uniform.

Gregor, Karl und Erich 1920 in Kaunas

Gregor, Karl und Erich 1920 in Kaunas

Auf den Familienfotos ist keinerlei Armut zu erkennen, das gilt von den Jahren 1890 bis in die 1940er-Jahre. Ab den 1930er-Jahren gibt es wirklich mehr Bilder und darauf scheinen die Eltern nicht mehr zu arbeiten. Hin zu den 1930-Jahren werden die Bilder weniger steif und man fotografiert auch ausgelassenere Gelegenheiten wie dieses keine Festgelage unten mit zwei Geschwistern von Gregor (Vera und Erich links), dann Erichs damalige Frau

Vera, Erich, Jadzi und Onute (?) ca. 1928 in Marijampolė

Vera, Erich, Jadzi und Onute (?) ca. 1928 in Marijampolė

Militärlaufbahn direkt nach der Schule 1920

Im Jahr 1920 schliesst er die Realschule in Gumbinė ab. Es handelt sich wahrscheinlich um die Städtische Mittelschule in der Kirchenstrasse, das Gebäude existiert 2025 nicht mehr. Der Ort liegt in der heutigen russischen Enklave Kaliningrad und heisst nun Gussew (Гусев). Der deutsche Name war Gumbinnen. Damals war dies Ostpreussen und ab 1920 eine Exklave der jungen Weimarer Deutsche Republik. Die Grenzen waren damals fliessender aber auch offener als sie zur Zeit des Eisernen Vorhangs oder jetzt. Alte Fotoalben der Familie zeigen Aufnahmestudios im ganzen Raum zwischen Krakau in Polen und Grodno im heutigen Weissrussland.

Direkt nach der Schule meldet sich Gregor am 22. November 1920 freiwillig zur litauischen Armee. Er wird als Mechaniker bei der Militärluftfahrt eingegliedert.

Man muss allerdings die Situation Litauens 1920 in Erinnerung rufen: der Staat ist erst seit knapp zwei Jahren unabhängig. Dem voran gehen eine lange Unterdrückung durch Polnische Aristokratie und ab 1795 eine ebenso aristokratische russisch-zaristische und dementsprechend brutale Verwaltung bis zum Einmarsch deutscher Truppen 1915. Litauen erkämpft sich seine Unabhängigkeit gegen den Weltkriegsverlierer Deutschland. Das Land ist 1920 noch ziemlich am Boden, aber man versucht nationale Institutionen aufzubauen, und so auch ein Heer und eine Militärluftfahrt.

Die Luftfahrt war in den 1920er-Jahren noch rudimentär. Im Ersten Weltkrieg waren noch Doppeldecker unterwegs. Litauen orientiert sich so früh wie möglich an dem was die Deutschen in diesem Bereich machen, jedoch waren sind an die Bedingungen des Versailler Vertrags gebunden. Dieser verbiete natürlich das Aufbauen einer Luftwaffe, ja sogar das betreiben von Motorfliegern ist stark begrenzt. So widmet sich Deutschland schnell dem Segelfliegen und das Land wird zur  führenden Segelflugnation. Man fordert die Jugendausbildung sowohl als auch die Planung, Forschung und Herstellung von Segelflugzeugen.

Die gefährliche Fliegerei in den 1920er-Jahren

Am 28. Mai 1921 wird Gregor leicht verletzt als er in den Propellerbereich des einmotorigem Doppeldeckers Albatros C.III gerät, den sein Leutnant Simonas Stanaitis steuert. Die Pechsträhne reisst nicht ab. Damals war die Fliegerei noch in in ihren Anfängen und sehr risikobehaftet. Am 13. Juli 1923 fliegt er mit dem dem Major Lieutenant Antanas Gustaitis einen zweimotorigen Doppeldecker vom Typ Friedrichshafen G.III. Das Flugzeug stürz ab, Gregor muss sich fast ein Jahr lang wegen einem komplizieren  Beinbruch behandeln lassen. Doch der Unfall bringt den jungen Gregor nicht von der Luftfahrt ab. Er bildet sich weiter und fliegt am 6. September 1924 selbstständig den einmotorigem Doppeldecker Albatros B.II. All die hier genannten Flugzeugtypen stammen aus dem Ersten Weltkrieg.

  • Am 5. April 1923 wird Gregor in die 2. Luftstaffel aufgenommen
  • Er ist ab dem 5. September 1923 offiziell Flugschüler.
  • Am 30. Juni 1925 schliesst Gregor seine Flugausbildung ab und wird vom Ausbildungsgeschwader zum 3. Luftgeschwader versetzt.

Während eines Steigflugs auf 5000 Meter Höhe verliert Gregor die Orientierung auf mit einem Flugzeug vom Typ LVG C.VI aufgrund schlechter Wetterbedingungen am 21. September 1925. Als zudem noch der Treibstoff ausgeht, muss er in der zur Zeit polnisch besetzten und verwalteten Region Vilnius notlanden. Er wird der Spionage beschuldigt und in der Festung Modlin nordwestlich von Warschau gefangen gehalten. Nach einem Jahr gelingt Gregor die Flucht aus der Burg, er wird jedoch an der deutschen Grenze aufgeschnappt, er flieht erneut und und kehrt via Deutschland am 14. November 1926 nach Litauen zurück.

Im Dezember 1926 putscht Antanas Smetona und die demokratischen Strukturen von 1922 werden beseitigt. Die Diktatur ändert jedoch nichts an der aussenpolitischen Situation und Staatsstrukturen wie das Heer werden weiter stark ausgebaut.

Stetige Flugausbildung Ende der 1920er-Jahre

Nach dem unfreiwilligen Ausflug in polnische Gefangenschaft setzt er seinen Dienst und seine Ausbildung bei der litauischen militärischen Luftfahrt fort.

  • Am 15. September 1927 schliesst er die erweiterte Pilotenausbildung ab.
  • Am 1. Dezember 1927 wird ihm der Titel eines Militärpiloten zweiter Klasse verliehen.
  • Am 1. Oktober 1928 wird Georg der Rang eines Leutnants verliehen.
  • Am 23. November 1930 wird ihm der Rang eines Leutnants als Absolvent der Offizierslehrgänge der Luftwaffe verliehen.
  • 1931 erhält er den Titel eines Militärpiloten erster Klasse.

Im Laufe des Jahres 1930 erkennt man beim Litauischen Aeroclubs (Lietuvos aeroklubo, LAK), der stark mit der militärischen Fliegerei in Austausch ist, dass das Segelfliegen eine günstigere und zugänglichere Möglichkeit darstellt in das allgemeine Fliegen einzusteigen und so mehr Leute in diesen Bereich zu bringen.

Eine der deutschen Segelflugschulen, in Rasytės (deutsch Rossiten), liegt direkt hinter der litauischen Grenze auf der langen und hohen Düne der Kurischen Nehrung. Dieser grosse Sandhaufen begrenz im Nordwesten die Ostsee und dahinter liegt das Kurische Haff, ein grosses flaches Brachwasserbecken. Auf die Düne treffen die Westwinde und hier kann man den nötigen Aufwind zum Starten von Segelfliegern vorfinden. Am 11. August 1931 wird  Hauptmann Jonas Pyragius zusammen mit anderen Mitgliedern der Litauischen Aeroklubs über die Grenze zu den Deutschen zur Kontaktaufnahme geschickt. Dort wird ausgemacht, einen litauischen Militärpiloten hinzuschicken und ihn dort einen Ausbildungskurs machen zu lassen. Aufgrund seines Interesses an der Segelfliegerei und seiner Deutschkenntnisse wird Lieutenant Gregor Heidrich für diese Mission beurlaubt. Er nimmt an den Segelflugzeugklassen “A” (30-Sekunden-Flug) und “B” (fünf Flüge von mindestens einer Minute) teil. Am 21. Oktober 1931 folgen die Segelflugzeugklassen “C” (Fünf-Minuten-Flug). Am 21. Oktober 1931 wird er der erste qualifizierte Segelflugzeugpilot in Litauen und erhält den Titel eines Segelflugzeugpiloten der Kategorie “C”. Er bleibt in Rasytės bis Anfang 1932.

Das linke obere Bild ist das zweite in unserer Sammlung, es zeigt Gregor in litauischer Fliegerunform 1928.

Gregor wird 1932 selber Ausbildner

Nach seiner Rückkehr von der deutschen Seite der Kurischen Nehrung leitete Gregor die Flugtheoriekurse für Mitglieder des Flugklubs der Höheren Technischen Schule Kaunas (ATM). Er beaufsichtigte den Bau des vom ATM-Schülers Bronius Oškinis entworfenen Segelflugzeugs T-1 und stattete es mit Hilfe von Antanas Gustaitis mit Metallteilen aus der Flugwerkstatt aus. Antanas  war damals Leiter des Militärfliegerparks, zu dem auch die Militärfliegerwerkstatt gehörte. Ab 1934 ist Antanas Chef der litauischen Luftwaffe.

In der Mitte vorne sitzen Bronius Oškinis und Gregor. Bildquelle: Oškinis-Biographie PDF.

Segelflugverein der Höheren Technische Schule Kaunas mit Gregor vorne in der Mitte

Segelflugverein der Höheren Technische Schule Kaunas 1931 mit Gregor vorne in der Mitte

Als der litauische Aeroclub in Petrašiūnai (Ortsteil von Kaunas) 1932 eine Segelflugschule gründet, wird Gregor der verantwortliche  Lehrer. Am 14. August 1932 testen die Schüler den bereits genannten Versuchssegelflieger T-1 und damit wird die Schule offiziell eröffnet. Unten ein Foto eines Flugs mit Gregor an Bord. Quelle: Kaunas Pilas Muziejaus trečiadienis.

Demonstrationsflug auf T-1 mit Gregor als Pilot

Demonstrationsflug in Pažaislis auf T-1 mit Gregor als Pilot am 15. August 1932

Der T-1 war auch der erste Schulungsflieger, er wurde jedoch bald kaputt. Er wurde durch einen in der litauischen Flugwerkstatt nach deutschen Plänen gebauten Segelflieger vom Typ RRG Falke ersetzt. So wurden die ersten drei Klasse-A-Piloten erfolgreich ausgebildet, die anschliessend auch das Fliegen unterrichten. Im Herbst 1932 führt Gregor Segelflüge bei den vom Litauischen Aeroclubs organisierten Segelflugtagen in Panevėžys und in Marijampolė durch.

Doch Gregor bleibt zugleich seinen Militärkollegen verbunden. Auf den Bild von links nach rechts: Aleksas Mariūnas, Balys Brazys (?), Elzbieta Stašaitis, Antanas Stašaitis, Mark Vladas, Vladas Adomavičius (?), (?), Kazys Šimkus, Gregor und  Jurgis Draugelis. Quelle: Lietuvos Ypatingasis Archyvas (Litauisches Spezialarchiv) via Forum Lietuvos Aviacijos Istorija (Geschichte der litauischen Luftfahrt).

Gregor mit anderen Offizieren

Gregor mit anderen Offizieren 1932

Im Jahr 1933 wird viel in Nida geflogen

Obwohl es noch an Einrichtungen vor Ort fehlt, wird schon eifrig von der Düne hinab auf Litauischem gebiet gesegelt. Die Aufnahmen aus unterschiedlichen Zeitpunkten des Sommers 1933. Wir stellen sie hier in eine logische Abfolge.

Rückseite von Die Düne in Nida mit Windfahne

Rückseite von Die Düne in Nida mit Windfahne

Segelfliegen ist immer eine Frage des Winds. Auf der Kammlinie aber auch anderen Stellen der Düne sind Fahnen angebracht damit der Pilot aber auch die ziehende Mannschaft die momentanen Windeigenschaften ermessen kann.

1933 leitet Gregor einen Segelflugwettbewerb, der vom litauischen Aeroclub in Nida organisiert wird.

Originalvermerk auf der Rückseite: “Ant ‘mirties’ kopos Nidoje, 1933 m rugsejis m.”. Deutsch: “Auf der ‘Todesdüne’ in Nida, September 1933.”. Dieser Hinweis von Gregor deutet wohl darauf hin, dass auch viele Segelflieger durch Windböen zu Boden gedrückt werden. Es gibt mehrere Unfälle mit Prellungen aber schwere Gebrechen sind nicht dokumentiert. Die filigranen Segelflieger werden hingegen oft beschädigt oder gänzlich zerstört.

Die Düne in Nida mit Windfahne

Die Düne in Nida mit Windfahne

Hier unten ist Gregor rechts im Bild mit der Schirmkappe.

Segelflieger vor Start durch Ziehen auf der Düne

Segelflieger vor Start durch Ziehen auf der Düne

Mehrere Schüler ziehen an dem Segelflieger indem sie die Sanddüne hinablaufen.

Abheben des Segelfliegers durch Ziehen auf der Düne

Abheben des Segelfliegers durch Ziehen auf der Düne

Abheben des Segelfliegers durch Ziehen auf der Düne

Abheben des Segelfliegers durch Ziehen auf der Düne

Das Segelflugzeug hebt eigenständig ab und die laufende Mannschaft kann pausieren bis es gilt den Flieger wieder irgendwo abzuholen. Idealerweise landet der Segelflieger oben auf der Düne, aber es kommt oft genug vor, dass der Wind abflaut und das leichte Segelflugzeug an der Wasserlinie oder gar im Wasser aufschlägt.

Segelflieger schwebt nach Ziehen auf der Düne

Segelflieger schwebt nach Ziehen auf der Düne

Wenn die Flieger nicht auf der Düne landen können, müssen die Segelflugzeuge auf breiten Rollen die Düne hochgezogen werden. Fotoquelle: Nidos Sklandymo Mokyklos Galerija.

Hochziehen eines Segelfliegers auf Rollen

Hochziehen eines Segelfliegers auf Rollen

Folgendes Bild stammt von Mai 2000. Man sieht hier die Düne von Nord nach Süd, links ist das Haff. Der schwarze Punkt auf der Kuppe ist ein Schild welches vor der russischen Grenze warnt. Die Segelflieger starteten von der Kammlinie nach rechts gegen die Westwinde. All das fand ein Stück weiter nördlich statt, also hinter dem Standort des Fotografen.

Düne der Kurischen Nehrung

Düne der Kurischen Nehrung

Bau des Hangars auf der Düne bei Nida

Im Sommer 1933 machen sie die Schüler der Segelflugschule Kaunas auf den Weg nach Nida, um dort eine neue Basis zu gründen. Auf der Düne findet man ideale Bedingungen für Übungsflüge und man braucht dort keine mechanische Hilfen zum Abheben. Jedoch ist die Gegend recht abgelegen. Nachdem sie Baumaterialien für den Hangar und die Segelflugzeuge am 2. August 1933 auf ein nicht motorisiertes Floss geladen haben, gleiten sie mit der schwachen Strömung flussabwärts am Fluss Nemunas (Njemen, Memel).

Das Foto unten stammt vermutlich von der Abfahrt in Kaunas. Fotoquelle: Nidos Sklandymo Mokyklos Istorija. Gregor ist in der dunklen Uniform rechts.

 

Gregor am Kahn mit Baumaterial für den Flughangar auf Nida 1933

Gregor am Kahn mit Baumaterial für den Flughangar auf Nida 1933

Die Brücke im Bild unten ist Vytauto Didžiojo tiltas, links befindet sich die Altstadt von Kaunas. Fotoquelle: Lietuvos Aviacijos Istorija.

Kahn mit Baumaterial für den Flughangar auf Nida am Fluss Nemunas 1933

Kahn mit Baumaterial für den Flughangar auf Nida am Fluss Nemunas 1933

Gregor begleitet das Floss auf seinem Motorrad. Als das Kanu an einem flachen Strand vor Smalininkai auf halber Strecke zum Kurischen Haff stecken bleibt, organisiert er ein Motorboot um das Floss nach Smalininkai zu Schleppen. Von dort wird es mit dem Dampfer “Šilutė” nach Nida gezogen.

Gregor verwendet später sein Motorrad um zwischen Kauans und Nida an der windigen Küste zu Pendeln. Auf all unseren Aufnahmen der Zwischenkriegszeit sieht man kein einziges Auto, nur an einem Tag sind Linienbusse aufgenommen worden. Das Motorrad ist eine Indian Chief, ein starkes amerikanisches Doppelzylinder-Modell mit 1210 cm³, das von 1922 bis 1948 in mehreren Varianten weiterentwickelt wurde. Dieses Motorrad stellt somit einen gewissen Luxus in der Zeit dar. Es ist fraglich, ob sich Gregor das Motorrad von seinem Militärsold leisten konnte oder ob die Familie mithalf.

Gregor mit Motorrad Indian Chief Kennzeichen KAM5511

Gregor mit Motorrad Indian Chief Kennzeichen KAM5511

Im Frühjahr 1933 wird in Nida der Flughangar errichtet, so dass bei günstigem Wetter mit dem Gleitflugschulungen begonnen werden kann. Fotoquelle unten: Lietuvos Aviacijos Istorija.

Arbeit am Flughangar auf Nida im Sommer 1933

Arbeit am Flughangar auf Nida im Sommer 1933

Fotoquelle unten: Lietuvos Aviacijos Istorija.

Errichtung der tragenden Teile des Flughangars auf Nida 1933

Errichtung der tragenden Teile des Flughangars auf Nida 1933

Rückseite des Bilds Arbeiter mit Hitlergruss bei Dachgleiche des Dachstuhls des Hangars auf Nida

Rückseite des Bilds Arbeiter mit Hitlergruss bei Dachgleiche des Dachstuhls des Hangars auf Nida

Folgendes Bild unten stammt wieder aus unserem Familienalbum. Es ist irritierend weil die Arbeiter die Dachgleiche mit dem Hitlergruss feiern. 1933 war Litauen in seiner ersten neuzeitlichen Unabhängigkeit aber von gleichzeitig von drei Seiten bedrängt: dem ehemaligen Okkupant Russland, dem ehemaligen Unterdrücker Polen der in der Zwischenkriegszeit die Region Vilnius und somit die Landeshauptstadt annektiert hat und mit Deutschland streitet man um das Memelgebiet. Trotzdem ist die Verbindung zu Deutschland noch immer die Beste, auch wegen er vielen Litauer die in Ostpreussen leben. Man kann es den jungen Männern daher nicht übel nehmen, dass sie 1933 “deutsch” grüssen.

Originalbeschriftung: “Bangienus namsriaus maus, Nidos vargus prisiminti.” Deutsch “Liebe Hausnutzer, erinnert euch an die Strapazen der Errichtung”.

Arbeiter mit Hitlergruss bei Dachgleiche des Dachstuhls des Hangars auf Nida 1933

Arbeiter mit Hitlergruss bei Dachgleiche des Dachstuhls des Hangars auf Nida 1933

Fotoquelle: Nidos Sklandymo Mokyklos Galerija.

Gregor und andere vor dem Hangar auf Nida 1933

Gregor und andere vor dem Hangar auf Nida 1933

Fotoquelle: Nidos Sklandymo Mokyklos Galerija.

Gregor und andere vor Flieger und dem Hangar auf Nida

Gregor und andere vor einem Flieger und dem Hangar auf Nida

Hier ein Blick von der Düne nach Norden. Westen ist links. Links ausserhalb des Bildrands waren der Hangar und das Heim zu finden. Damals war der Wald an der Kammlinie noch nicht so dicht.

Leuchtturm von Nida in den Dünen

Leuchtturm von Nida in den Dünen

Rekordflug von Gregor in Kaunas

Rückseite von Start des Segelfliegers Sakalas per Schleppflugzeug in Kaunas

Rückseite von Gregor startet mit dem Segelflieger Sakalas per Schleppflugzeug in Kaunas

Hier wird Gregor im Segelflieger “Sakalas” am Flugfeld in Kaunas per Motorflugzeug hochgezogen. Gregor wird bei dem Flug seinen ersten Ausdauerrekord aufstellen.

Originalvermerk auf der Rückseite: “‘Sakalo’ vilkimas su Lektuvu 1933 m. liepos m. Kaune.”. Deutsch: “Start von ‘Sakalas’ per Schleppflugzeug im Juli 1933 in Kaunas.”.

Start des Segelfliegers Sakalas per Schleppflugzeug in Kaunas

Gregor startet mit dem Segelflieger Sakalas per Schleppflugzeug in Kaunas

Rückseite vom Gregor landet am 16. August 1933 nach 3 Stunden und 9 Minuten Segelflug in Nida

Rückseite vom Gregor landet am 16. August 1933 nach 3 Stunden und 9 Minuten Segelflug in Nida

Der Originalvermerk auf der Rückseite des Bilds unten lautet: “Nutūpus po 3 val 9 min spriejino 1933 m. rugpjūtis 16 d. Nidoje. Gregor”. Auf deutsch: “Landung nach 3 Stunden und 9 Minuten Segelflug (Hangflug) am 16. August 1933 in Nida. Gregor”.

Er erzielt damit den litauischen Segelflug-Ausdauerrekord. Am am 26. Juni 1934 verbessert er den Rekord mit demselben Segelflugzeug auf 5 Stunden und 15 Minuten.

Gregor landet am 1.6 August 1933 nach 3 Stunden und 9 Minuten Segelflug in Nida

Gregor landet am 1.6 August 1933 nach 3 Stunden und 9 Minuten Segelflug in Nida

Unten posiert Gregor in Uniform vor dem selben Flugzeug. Fotoquelle: Kaunas Pilas Muziejaus trečiadienis.

Flieger Sakalas auf dem Gregor seine Segelflugrekorde erzielte 1933

Flieger Sakalas auf dem Gregor seine Segelflugrekorde erzielte 1933

Zurück auf der Düne von Nida im Sommer 1933

Hier unten sieht man wieder Gregors Motorrad. In den ersten Jahren der Nida-Sklandymas-Schule musste in Zelten gehaust werden. Der gebaute Hangar dient nur als Werkstatt und Garage für die Flugzeuge, ein Heim für die Flugschule wird erst später errichtet. Das Foto ist stark retouchiert. Es ist nicht klar ob die Person links Gregor ist. Jedenfalls ist Sommer une es ist sehr heiss. Fotoquelle Lietuvos Aviacijos Istorija.

Gregor beim Zelt mit seinem Motorrad Indian Chief 1933

Gregor beim Zelt mit seinem Motorrad Indian Chief 1933

Rückseite von Gregor im Zelt mit Funkgeräten

Rückseite von Gregor im Zelt mit Funkgeräten

Das Bild unten stammt wieder aus unserem Familienalbum. Es zeigt das gleiche Zelt wie oben, Gregor sitzt darin am Funkgerät zum Koordinieren der Flugaktivität. Die leichten Segelflieger mussten von mehren Personen begrab gezogen werden und auch von unten wieder heraufgeholt werden. Anscheinend hatte er von dort aus einen direkten Ausblick auf die Düne.

Der Originalvermerk auf der Rückseite: “Mano ‘palocius’ Nidoje, 1933 m, Rugpjūtis-Rugsejis m.” Deutsch  “Mein ‘Palast’ in Nida, August-September 1933”.

Gregor im Zelt mit Funkgeräten im Sommer 1933

Gregor im Zelt mit Funkgeräten im Sommer 1933

Folgende Aufnahmen stammen vom Spätsommer 1934. Man sieht hinten rechts das Fliegerheim im Bau. Damit müssen die Segelflieger nicht mehr in Zelten neben dem Hangar übernachten.

Fertiger Segelfliegerhangar und Heim im Bau in Nida 1934

Fertiger Segelfliegerhangar und Heim im Bau in Nida 1934

Wenn nicht geflogen wird, müssen die Segelflieger repariert oder verbessert werden.

Segelflieger vor dem Hangar und dem Heim in Nida 1934

Segelflieger vor dem Hangar und dem Heim in Nida 1934

Man posiert gerne zeigt seinen Stolz. Von links nach rechts: Leonas Kinaitis, Vladas Butkevičius, Antanas Paknys, Gregor, Viktoras Ašmenskas, Alfredas Gysas, Bronius Oškinis. Fotoquelle: Nidos Sklandymo Mokyklos Istorija.

Gregor und andere der Segelflugschule Nida 1933

Gregor und andere der Segelflugschule Nida 1933

Hier wird ein Flügel nach einer unsanften Landung repariert.

Flügelreparatur mit Gregor und anderen 1934

Flügelreparatur mit Gregor und anderen 1934

Gregor ist immer in Uniform. Fotoquelle: Nidos Sklandymo Mokyklos Galerija.

Gregor und andere vor Flieger und dem Hangar auf Nida 1934

Gregor und andere vor Flieger und dem Hangar auf Nida 1934

Fotoquelle: Nidos Sklandymo Mokyklos Galerija.

Gregor und andere vor Flieger und dem Hangar auf Nida 1934

Gregor und andere vor Flieger und dem Hangar auf Nida 1934

Fotoquelle: Nidos Sklandymo Mokyklos Galerija.

Gregor und andere vor Flieger vor dem Hangar und dem Heim in Nida

Gregor und andere vor Flieger vor dem Hangar und dem Heim in Nida

Das Segelflugzeug T-2 ist der Nachfolger der Urversion T-1. Es ist wesentlich grösser und der Pilot hat auch eine Art Kabine. Fotoquelle unten: Lietuvos Aviacijos Istorija.

Fluglehrer Gregor und andere vor dem Segelflugzeug T-2 1934

Fluglehrer Gregor und andere vor dem Segelflugzeug T-2 1934

Erst mit dem Heim wird die Segelflugschule wirklich heimelig. Darin befindet sich ein Essraum, ein Schlafraum und ein Unterrichtsraum. Fotoquelle: Nidos Sklandymo Mokyklos Galerija.

Das Flieger-Heim in Nida

Das Flieger-Heim in Nida

Der Schlafraum ist etwas spartanisch, aber wir sind in den 1930er-Jahrne und die Segelflugschule war militärisch geführt. Fotoquelle: Nidos Sklandymo Mokyklos Galerija.

Bettenraum im Flieger-Heim in Nida

Bettenraum im Flieger-Heim in Nida

Auf der Luftaufnahme unten sieht man gut dem Hangar und das fertige Fliegerheim rechts. Fotoquelle: Lietuvos aviacijos muziejus (LAM, Litauisches Luftfahrtmuseum).

Segelflugfeld Nida mit Hangar und Heim von oben gesehen 1935

Segelflugfeld Nida mit Hangar und Heim von oben gesehen 1935

Bereits 1934 wurde Gregor bei seiner Ausbildung von Segelfliegern unterstützt, die im Vorjahr ihre Ausbildung abgeschlossen hatten. Nach Beendigung seiner Entsendung nach Nida übergibt Gregor die Aufgaben der Direktion der Flugschule an Jonas Pyragis, der nach dem gescheiterten Putsch von 1934 aus der Armee entlassen worden war.

Gregor privat in den 1930er-Jahren

Das Segelfliegen auf Nida findet nur im Sommer statt. Abseits dieser Periode hat Gregor anscheinend auch Zeit für seine grosse Familie. Die Aufnahmen stammen aus dem Zeitraum von Oktober bis Dezember 1933.

Rückseite von Heidrich-Brüder Bruno, Gregor und Walfried

Rückseite von Heidrich-Brüder Bruno, Gregor und Walfried

Die Brüder waren durchaus stolz und lassen sich oft und in verschiedenen Zusammenstellungen ablichten. Dieses Bild ist litauisch mit “Broliai Heidrichiai 1933m.Xm.1d.” Beschriftet. Das bedeutet “Die Heidrich-Brüder”, obwohl einer fehlt.

Man sieht hier auch die alte litauische Schreibweise des Datums.

 

Heidrich-Brüder Bruno, Gregor und Walfried

Heidrich-Brüder Bruno, Gregor und Walfried

In anderen Bildern sind alle vier Brüder beisammen. Hier unten ebenso in Kaunas

Brüder Walfried, Gregor, Bruno und Erich

Brüder Walfried, Gregor, Bruno und Erich

Originalvermerk auf der Rückseite eines Photos unten: “1933 m. X m.22d., Aukšt. Freda.” Damit ist Aukštoji Freda, am linken Flussufer in Kaunas. Der Ort ist für den botanischen Garten bekannt, allerdings gibt es dort auch einen Flughafen.

Gregor, Walfried, Erich und Bruno

Gregor, Walfried, Erich und Bruno

Lydia und Gregor Kauno gatve 27

Lydia und Gregor Kauno gatve 27

Gregor ist der älteste all seiner Geschwister. Neben den vier Brüdern gibt es auch zwei Schwestern. Die ältere, Vera, ist früh verheiratet und ausgezogen. Aber die jüngste, Lydia ist noch in Marijampolė. Sie ist im Bild 20 Jahre alt, ihr grosser Bruder Gregor ist 30 Jahre alt. Gregor wirkt auf vielen Bildern als Beschützer seiner jüngeren Geschwister. Lydia ist die Grossmutter meiner Frau Alexandra.

Gregor ist 1933 noch nicht verheiratet, aber er hat anscheinend eine Freundin, Elli Ziegler. Sie sitzt im Bild unten neben Gregor und links davon sind Ellis Eltern. Elli erscheint in mehreren Bildern zusammen mit Gregor bis Mitte 1935. Danach folgen andere Frauen bevor er seine Frau Janina kennen lernen wird.

Familie Ziegler, Elli Ziegler und Gregor

Familie Ziegler, Elli Ziegler und Gregor

Es gibt aber auch die klassischen Familienfotos. Man posiert hier unten zum Beispiel vor dem Elternhaus in Marijampolė. Hier sieht man links hinten die jüngere Schwester Lydia, die Mutter Lydias (Gregors Mutter starb 1911), den Vater Karl und davor den Sohn Leonas der älteren Schwester Vera, er wächst bei den Grosseltern auf. Die zwei älteren (unbekannten) Kinder scheinen Geschwister zu sein. In der Bildunterschrift sind sie mit Xf40 und Xf41 bezeichnet. Dies sind für mich eindeutige Platzhalter für noch nicht identifizierte Personen. Mit dieser Kennzeichnung kann man die selbe Person auch in anderen Bildern benennen.

Lydia, Xf40, Hedwig, Leonas, Karl, Xm41 und Gregor

Lydia, Xf40, Hedwig, Leonas, Karl, Xm41 und Gregor

Die selben Personen sind hier im Haus in Marijampolė. Die Person im Bilderrahmen an der Wand ebenso noch nicht gedeutet und wir haben keinen Abzug dieses Fotos in unseren Familienalben. Auf anderen Innenaufnahmen erkennen wir manchmal Fotos die wir auch in den Alben haben.

Hedwig, Leonas, Xm41, Karl, Xf40, Lydia und Gregor

Hedwig, Leonas, Xm41, Karl, Xf40, Lydia und Gregor

Hier, zu Weihnachten 1933, sind wieder fast die selben Personen zugegen. Statt den unbekannten Kindern ist der jüngste Bruder Bruno mit am Bild. Von der Person Xm178 im Bilderrahmen dahinter haben wir ein Foto, wir können den Mann allerdings noch nicht benennen.

Gregor, Karl, Lydia, Leonas, Hedwig und Bruno zu Weihnachten

Gregor, Karl, Lydia, Leonas, Hedwig und Bruno zu Weihnachten

Folgende Bilder wurden nach einem Begräbnis in Marijampolė aufgenommen. Dies sind immer Gelegenheiten sich zu Treffen und in den 1930er-Jahren anscheinend auch sich in der Gruppe zu fotografieren. Neu in den Bilder ist hier Alexander (mit Hut), der zukünftige Ehemann Lydias und somit Alexandras Grossvater. Er war Angestellter am Bezirksgericht Marijampolė und dies reichte 1940 aus, dass er unter der kurzweiligen zweiten russischen Besetzung unter erpressten Geständnissen und fingierten Zeugenaussagen beim NKWD zu acht Jahren Schwerarbeit in die Gegend um Murmansk verbannt wurde. Er erlebte Stalins Tod und die damit verbunden Erleichterungen des Gulags leider nicht mehr. Er starb dort vermutlich 1950.

Gregor, Bruno, Alexander, Elli, Lydia, Karl, Hedwig und Herr Ziegler am 22. April 1935

Gregor, Bruno, Alexander, Elli, Lydia, Karl, Hedwig und Herr Ziegler am 22. April 1935

Gregor ist wie immer in Unform. Die aufwändigeren Schulterstücke zeugen davon, dass er seit 1933 Leutnant der litauischen Luftstreitkräfte ist. Elli Ziegler ist immer noch an seiner Seite. Folgende beiden Fotos sind vor dem Familienhaus in Marijampolė aufgenommen.

Alexandra, Lydia, Bruno, Elli und Gregor am 22. April 1935

Alexandra, Lydia, Bruno, Elli und Gregor am 22. April 1935

Alexander, Lydia, Elli, Gregor, Hedwig, Karl, Bruno und Herr Ziegler am 22. April 1935

Alexander, Lydia, Elli, Gregor, Hedwig, Karl, Bruno und Herr Ziegler am 22. April 1935

Sommer 1935

Aus diesem Jahr gibt es ein paar Bilder, die Gregor etwas freier ablichten. Elli erscheint weniger, dafür tauchen einige andere unbekannte Frauen auf. In diesem Jahr heiratet seine junge Schwester Lydia den oben genannten Alexander.

Rückseite von Gregor mit zwei Frauen

Rückseite von Gregor mit zwei Frauen

Die folgenden zwei Bilder sind in Birštonas aufgenommen. Das ist südlich von Kaunas und auch am Fluss Nemunas (Memel). Man sieht in Summe drei Männer und drei Frauen, jedoch ist uns nur Gregor in Uniform bekannt. Die anderen zwei Männer werden in irgendeiner Form mit den Segelschulen und/oder dem Flugklub der Höheren Technischen Schule Kaunas zusammenhängen.

Gregor mit zwei Frauen Xf50 und Xf53 am 13. August 1935

Gregor mit zwei Frauen Xf50 und Xf53 am 13. August 1935

Gregor mit zwei Frauen Xf49 und Xf50 und zwei Männern Xm51 und Xm52 am 13. August 1935

Gregor mit zwei Frauen Xf49 und Xf50 und zwei Männern Xm51 und Xm52 am 13. August 1935

Folgendes Bild stammt aus einer Serie wo nie jemand klar und normal in die Kamera schaut, es scheint ein feucht-fröhlicher Nachmittag in Marijampolė zu sein. Das Bild ist mit 1935-IX-19 datiert, die Personen passen aber mit der Serie einen Tag später, also dem 20. besser zusammen.

Xm54, Bruno, Karl, Xf55, Gregor, Xf56 am 20. September 1935

Xm54, Bruno, Karl, Xf55, Gregor, Xf56 am 20. September 1935

Am 11. August 1935 heiraten Lydia und Alexander. Das Bild ist wiederum vor dem Familienhaus in Marijampolė, Kauno gatve 27, aufgenommen.

Auf dem Familienhochzeitsbild sieht man einige bereits bekannte Personen:

  • Hinten: Gregor, Elli, Galina*, Robert Kossmann*, Olga*, Georg Kudriawceff*, Nathalie**, Emma* (Mutter von Alexander), Xm47, Xf45, Melanie Kossmann*, Bruno und Karl.
  • Vorne: Pastor Leonid Vorobjovas, Tatjana*, Lydia, Alexander, Frau des Pastors Xf220 und Frau Zieger.

*) Familie von Alexander, **) Bekannte

Hochzeitsfoto von Lydia und Alexander am 11. August 1935 in Marijampole

Hochzeitsfoto von Lydia und Alexander am 11. August 1935 in Marijampolė

Rund um die Hochzeit gibt es natürlich massenweise Bilder die wir hier auslassen weil sie nicht Gregor im Mittelpunkt haben. Danach gibt es einige Aufnahmen mit ihm, mit Familie und mit dem Ehepaar.

In der Gartenidylle sitzt unten die junge Edith. Sie ist die Tochter von Gregors zweiten Bruder Walfried

Karl, Edith und Gregor am 20. September 1935

Karl, Edith und Gregor am 20. September 1935

Hier unten wieder alte Bekannte im Familienhaus in Marijampolė. Gregor trägt hier zur Abwechslung keine Uniform und Alexander hat ausnahmsweise keinen Hut auf.

Gregor, Karl, Leonas, Hedwig, Lydia und Alexander am 20. September 1935

Gregor, Karl, Leonas, Hedwig, Lydia und Alexander am 20. September 1935

Zwischendurch posiert man doch noch in alter Manier, hier am Bach Sesipe, der durch Marijampolė fliesst. Gregor, der grosse Bruder, stützt seine Schwester Lydia (obwohl ihr Mann Alexander dahinter steht).

Alexander, Bruno, Lydia und Gregor am Fluss Sesipe am 21. September 1935

Alexander, Bruno, Lydia und Gregor am Fluss Sesipe am 21. September 1935

Unten ein paar Tage früher am selben Bach. Den Steg gibt es heute nicht mehr.

Gregor, Alexander, Lydia und Bruno am Steg über den Fluss Sesupe am 17. September 1935

Gregor, Alexander, Lydia und Bruno am Steg über den Fluss Sesupe am 17. September 1935

Gregors weiterer Aufstieg in der Hierarchie ab 1935

Obwohl Gregor seine Freizeit dem Segelfliegen widmet, vernachlässigt er seinen Dienst in der Militärluftfahrt nicht.

  • Am 17. März 1933 wird er vom Unterleutnant zum Leutnant befördert
  • Am 21. Juli 1933 wird er mit der 3. Staffel nach Šiauliai (Zoknių aerodromas) verlegt.
  • Am 23. Juli 1936 wird zum Hauptmann ernannt.
  • Am 15. November 1937 hat er die Ausbildung zum Instrumentenflug abgeschlossen.
  • Im April 1937 wird er als Mitglied des Abnahmeausschusses nach Grossbritannien abgeordnet, um den Kauf des zweimotorigen Trainings- und Transportflugzeugs De Havilland DH-89A Dragon Rapide für die litauische Luftwaffe entgegenzunehmen.
  • Am 15. November 1937 schliesst Gregor die Ausbildung zum Instrumentenflug ab.
  • Von September 1937 bis Juli 1938 dient er als Kommandeur der 3. Staffel und als technischer Offizier.

Am Bild unten von 1936 sitzt am Tisch der Leiter der Luftfahrtwerkstatt Šiauliai, Gregor, neben ihm steht Unterleutnant Bronius Oškinis. Fotoquelle: Kaunas Pilas Muziejaus trečiadienis.

Bronius und Gregor in der Luftfahrtwerkstatt in Šiauliai 1936

Bronius und Gregor in der Luftfahrtwerkstatt in Šiauliai 1936

Rückseite von Gregor mit mehreren uniformierten Männern in Palanga

Rückseite von Gregor mit mehreren uniformierten Männern in Palanga

Aus der privaten Fotosammlung, die wir von Gregor haben, befinden sich auch folgende drei Bilder aus der gemütlicheren Tätigkeit bei den litauischen Luftstreitkräften. 1935 ist Litauen eine Diktatur, Vilnius ist noch von Polen besetzt, aber der Zweite Weltkrieg steht noch nicht am Plan.

Gregor mit mehreren uniformierten Männern in Palanga am 22. August 1935

Gregor mit mehreren uniformierten Männern in Palanga am 22. August 1935

Gregor nachdenklich in Palanga am 31. August 1935

Gregor nachdenklich in Palanga am 31. August 1935

Gregor mit Doppeldecker am Flugfeld in Gaižiūnai am 2. Oktober 1935

Gregor mit Doppeldecker am Flugfeld in Gaižiūnai am 2. Oktober 1935

In Gaižiūnai gibt es nach wie vor ein Flugfeld. Es befindet sich nordöstlich von Kaunas. Zusätzlich war und ist ein Bahnhof in der Nähe. Der Flugplatz liegt in einer flachen Landschaft und man sieht nur Motorflugzeuge.

Ausser gleichlautenden Originalvermerken auf der Rückseite (1935-X-2, Gaižiūnai”) haben wir keine Information dazu.

Gregor und andere in litauischer Militäruniform in Gaižiūnai am 2. Oktober 1935

Gregor und andere in litauischer Militäruniform in Gaižiūnai am 2. Oktober 1935

Gregor auf Treibstoffkanister am Flugfeld in Gaižiūnai am 3. Oktober 1935

Gregor auf Treibstoffkanister am Flugfeld in Gaižiūnai am 3. Oktober 1935

1936 bis 1939 Geburten, Hochzeiten und Todesfälle

Im Jahr davor hatte Gregor seine junge Schwester mit Alexander verheiratet. Klaus wird am 12. April 1936 geboren, also bloss zwei Tage später.

Lydia schwanger mit Alexander, Gregor und Bruno am 10. April 1936

Lydia schwanger mit Alexander, Gregor und Bruno am 10. April 1936

Ein paar Tage nach der Geburt.

Gregor gratuliert zur Geburt mit einer Portraitkarte. Es ist eine der wenigen Zeilen die deutsch geschrieben sind. Die Familie Heidrich war deutschstämmig, wir wissen allerdings nicht welche Sprache sie untereinander, mit ihren Freunden und den angeheirateten Personen sprachen. Es ist nicht sicher, dass Alexander als russisch-stämmiger Litauer deutsch sprach.

Originaltext hinten: Zur freundlichen Erinnerung an den Tag der jungen Vater- und Mutterschaft, Gregor, Marijampolė, 1936-IV-12. Klaus wird am selben Tag geboren, die Karte wird also wohl später übergeben und das Studiofoto entstand früher.

Man findet immer wieder in Marijampolė zusammen und so entstehen diese Gruppenfotos vor dem Elternhaus. Neu im Bild ist der Bub in der Mitte links, das ist Leo, ein Sohn von Walfried, daneben sitz Leonas, der erste Sohn von Vera.

Gregor, Lydia, Hedwig, Leo, Leonas, Alexander und Karl am 14. Juni 1936

Gregor, Lydia, Hedwig, Leo, Leonas, Alexander und Karl am 14. Juni 1936

Am 11. Dezember 1936 stirbt der Familienvater Karl mit 66 Jahren. Er wirkte auf den Fotos bereits älter und in dieser Zeit ist das kein unübliches Todesalter. Trotzdem scheint die Familie sehr betroffen. Von diesem Jahr gibt es auch keine fröhlichen Weihnachtsbilder, denn Karl wird am 26. Dezember 1936 in Marijampolė begraben.

Gregor, Bruno, Melanie, Hedwig, Lydia und Alexander am Grab von Karl

Gregor, Bruno, Melanie, Hedwig, Lydia und Alexander am Grab von Karl

Das folgende Bild ist nicht datiert und es herrscht ein anderes Wetter am Tag des Begräbnis. Es wird dies also wenige Tage später sein.

Gregor, Lydia, Hedwig und Bruno am geschmückten Grab von Karl

Gregor, Lydia, Hedwig und Bruno am geschmückten Grab von Karl

Gregor heiratet am 5. Juni 1937 Janina Mikulkaitė in Šiauliai. Das Foto unten zeigt wahrscheinlich nur einen Teil der Feiergesellschaft. Uns bekannt sind soweit nur:

  • Janina und Gregor vorne in der Mitte.
  • Hedwig, Gregors Stiefmutter, links vorne. Seine leibliche Mutter und der Vater leben nicht mehr.
  • Barbora, Janinas Mutter, rechts vorne. Ihr Vater lebt nicht mehr.
  • Erich, ein Bruder Gregors, hinten dritter von links.
  • Leonas, Gregors erster Neffe, vor Erich.
  • Jadzi, Erichs erste Frau, rechts neben Erich und Leonas.
  • Bronius Oškinis, ein Kollege von Gregor und ebenfalls bekannter Flugzeugpionier, direkt hinter dem Hochzeitspaar.
Hochzeitsfoto von Janina und Gregor am 5. Juni 1937

Hochzeitsfoto von Janina und Gregor am 5. Juni 1937

Vom offiziellen Hochzeitsfoto gibt es mehrere Versionen. Das linke befindet sich in unserer Sammlung. Fotoquelle rechts: Lietuvos Aviacijos Istorija.

Es gab schon Bilder mit Janina am Begräbnis von Karl. Rechts im Bild unten ist Janinas Mutter Barbora. Deren Familie war im Ersten Weltkrieg von Litauen nach Estland geflüchtet, deswegen ist Janina in Tallinn geboren. Ihr Vater starb bereits 1918. Die Familie lebte dann bald in Šiauliai, das ist eine Kleinstadt nördlich von Kaunas

Gregor, Janina und ihre Mutter Barbora am 29. Juni 1937

Gregor, Janina und ihre Mutter Barbora am 29. Juni 1937

Auch Janina schreibt Grusskarten mit ihrem Portrait. Lydia ist uns bekannt, die zweite Person jedoch nicht.

Originaltext auf der Rückseite: “Prisiminti mane skiriu Lydutei!”, Deutsch: “Ich widme Lydia meine Erinnerung!”.

Originaltext auf der Rückseite: “Prisiminti mane skiriu Moẽiutei”, Deutsch: “Ich widme Moẽiute meine Erinnerung!”.

Im Sommer 1938 trifft man sich wieder in Marijampolė am Friedhof. Wir wissen nicht ob am 6. August 1938 jemand begraben wurde oder ob die Familie Karls Grab besucht.

Leo, Janina, Hedwig und Gregor am Friedhof in Marijampole am 6. August 1938

Leo, Janina, Hedwig und Gregor am Friedhof in Marijampole am 6. August 1938

Das Paar findet sich auch in der Gartenlaube ein.

Gregor und Janina in der Gartenlaube am 6. August 1938

Gregor und Janina in der Gartenlaube am 6. August 1938

Am 7. Februar 1939 kommt ihr erstes Kind, Egidijus Neris Radvenis, auf die Welt. Das Photo unten ist rund ein Monat später aufgenommen.

Janina mit neugeborenem Egidijus am 4. März 1939

Janina mit neugeborenem Egidijus am 4. März 1939

Der Kinderwagen schaut nagelneu aus.

Egidijus Im Kinderwagen am 30. März 1939

Egidijus Im Kinderwagen am 30. März 1939

Solche Bilder gibt es auch von mir und meiner Mutter 34 Jahre später.

Janina mit Egidijus am 7. Mai 1939

Janina mit Egidijus am 7. Mai 1939

Man ist mächtig stolz auf das erste Kind. Diese Bilder werfen auch ungeklärte Fragen auf: wir wissen nicht warum sie über Lydia zu uns kamen. Waren dies Fotos die mehrfach entwickelt wurden und alle Familienmitglieder bekamen?

Egidijus am 8. Juni 1939

Egidijus am 8. Juni 1939

Gregor mit Egidijus am 1. Oktober 1939

Gregor mit Egidijus am 1. Oktober 1939

Gregor ist bei der Geburt seines ersten Sohns bereits 36 Jahre alt.

Hier unten sieht man die Grossmutter Barbora ihr Enkel Egidijus. Die anderen Personen sind wahrscheinlich Bekannte.

Mutter von Janina Barbora, Xf74, Egidijus und Xm75 am 6. August 1939

Mutter von Janina Barbora, Xf74, Egidijus und Xm75 am 6. August 1939

Gregors weitere militärische Laufbahn ab 1938

Im Bild unten von 1938 steht der Leiter der Zokniai-Luftfahrtwerkstatt, Oberstleutnant Bronius Oškinis und der stellvertretende Kommandeur des 3. Geschwaders, Hauptmann Gregor Heidrich im Flugzeughangar neben dem in Reparatur befindlichen leichten Bomber A.120. Aufnahme vermutlich in Kaunas. Fotoquelle: Virtuelle Fotoausstellung Für Bronius Oskinis Feierlichkeiten zum 110. Jahrestag

Um die alternden Aufklärungsflugzeuge aus dem Ersten Weltkrieg zu ersetzen, kaufte die litauische Militärluftfahrt im Jahr 1929 15 Stück. Ansaldo A.120. Im Gegensatz zum Standardmodell waren die litauischen A.120 mit zwei Aufklärungsmaschinengewehren bewaffnet und unter dem Kühler waren Halterungen für acht 12,5-kg- Bomben angebracht. Die Flugzeuge wurden den Staffeln III (jene Gregors) und IV zugeteilt. Diese Flugzeuge wurden bis 1940 in der litauischen Militärluftfahrt eingesetzt. Quelle: Wikipedia.

Bronius und Gregor 1938 neben dem leichten Bomber leichten Bomber A 120

Bronius und Gregor 1938 neben dem leichten Bomber leichten Bomber A 1200

Am 1. Januar 1938 wurde er zum stellvertretenden Kommandeur der 3. Staffel ernannt. Zwischen 1934 und 1940 dient er mehrmals als Kommandant der 3. Staffel. Obwohl seine unmittelbaren Vorgesetzten wiederholt vorschlagen, Gregor zum Kommandeur des 3. Geschwaders zu ernennen, hat die Führung aufgrund seiner deutsch-litauischen Herkunft Zweifel, sodass diese Entscheidung immer wieder verschoben wird. Am 27. Januar 1939 wird Gregor zum Leiter der Luftfahrtwerkstatt Zokniai ernannt.

Am 13. April 1939 änderte Gregor Heidrich seinen Nachnamen in Radvenis. Der Anlass ist die Annexion des Memelgebiets durch das Deutschland im März 1939. Er will sich dadurch von seiner Deutschstämmigkeit distanzieren um innerhalb der Litauischen Armee weiterzukommen. Diese gibt es allerdings nicht mehr lange.

Liquidierung der litauischen Armee und Luftfahrt durch Einmarsch der Sowjets

Am 15. Juni 1940 marschiert die Rote Armee in Litauen ein und annektiert das Land. Nach dieser Aggression wird die Regierung Litauens nur durch moskautreue Personen ersetzt, die Litauische Sozialistische Republik erklärt und um Aufnahme in die Sowjetunion “ersucht”. Am 3. August 1940 tritt die “Litauische Sozialistische Sowjetrepublik” der Sowjetunion bei. Quelle: Wikipedia. Dieses Vorgehen kennt man von Russland in der Ukraine seit 2022. Mit diesem Coup hören Litauen, seine Armee und seine Luftfahrt faktisch zu existieren auf.

Am 29. Juli 1940 wird Gregor aus dem Militärdienst entlassen. Bis zum 15. Juni 1940 hatte Gregor 1438 Stunden für die Militärluftfahrt geflogen. Diese Summe umfasst nicht die vielen Segelflugstunden und auch nicht die Stunden, die als technischer Offizier anfallen, wo er auch reparierte Flugzeuge testet.

Seine Auszeichnungen:

  • 1936 Gediminas-Orden 5. Grades DLK (Gedimino 5 laipsnio ordinu).
  • 1928 Litauische Unabhängigkeitsmedaille (Lietuvos nepriklausomybės).
  • 1929 Freiwilligenmedaille (Savanorių).
  • 1932 Ehrenabzeichen “Stählerne Flügel” (medaliais “Plieno sparnų” garbės ženklu).

Gregor im Zweiten Weltkrieg

Die sechs Geschwister Heidrich werden durch den Zweiten Weltkrieg und die folgende dritte Besetzung Litauens durch Russland in die Ganze Welt versprengt. Ihre Wege und Zeitpunkte des Verlassens Litauens sind auch sehr unterschiedlich. Wir haben bereits den nicht so glorreichen Weg des kleinsten Bruders Bruno beleuchtet. Er zieht ab 1940 für Nazi-Deutschland in den Krieg. Auch der Fluchtweg der jungen Schwester Lydia mit ihren zwei kleinen Kindern über die Transitlager Grotniki, Zehdenick und Wernigerode ist geschildert. Der Bruder Walfried folgt mehr oder weniger der Route Lydias. Von Erich ist soweit nur bekannt, dass er nach Litauen zurückkehrte und dort schnell im Gulag landete (diesen aber überlebte). Die ältere Schwester Vera und ihre ganze Familie bleibt bis kurz vor dem Einmarsch der Roten Armee 1944 in Litauen und geht anschliessend nach Florida. Ihr ältester Sohn Lenoas kommt später nach Australien.

Was macht also Gregor? Er zieht sich jedenfalls mit seiner Familie und der Schwiegermutter Barbora bis 1941 nach Marijampolė zurück. Die Russen wüten daweil in Litauen und verbringen die meisten gebildeten, aber auch einfacher Bauern, nach Sibirien. So ergeht es ein paar Monaten nach deren Einmarsch Lydias Mann Alexander wie wir es schon besprochen haben. Kurioserweise richtet sich die blinde Wut der Russen nicht gegen die deutschstämmigen wenn sogar ein technisch begabter und hochrangiger  Militärangehörige in Litauen in Ruhe gelassen wird. Von anderen Fliegern ist bekannt, dass sie recht bald von den Russen für ihre Zwecke eingesetzt werden.

Es kursieren zwei Varianten von Gregors Werdegang zwischen Marijampolė 1941 und dem ersten Flüchtlingslager in Coburg 1945:

  1. Gregor kämpf als Pilot in der deutschen Luftwaffe an der Ostfront. Diese Geschichte erzählen einzeilig einige Biographien wie auch die bereits oft genannte Seite Grigorius Heidrikis-Radvenis – pirmasis sklandymo instruktorius Lietuvoje. Es ist mehr oder weniger jene, die in der Familie erzählt wird. Und sie ist auch einigermassen logisch. Abgesehen vom Bruder Bruno ist die Familie zwar deutsch aber nicht nationalsozialistisch gestimmt. Sonst hätte sich Gregor auch nicht zu Radvenis umbenennen lassen. Eine Variante davon ist, dass er Flugzeigtechniker an der Ostfront ist.
  2. Gregor flieht wie seine restlichen Geschwister 1944 über die Grenze ins zusammenbrechende Nazi-Deutschland. Er schlägt sich mit seiner Familie irgendwie in Ostpreussen als landwirtschaftlicher Helfer durch und landet Ende Mai 1945 im Amerikanischen Sektor wo er versucht den Flüchtlingsstatus zu erlangen. Diese Geschichte ist aus den Ansuchen bei der United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) via Arolsen Archives einsehbar.

Die Wahrheit liegt dazwischen. Gregor kämpfte jedenfalls ab April 1941 bei der Deutschen Wehrmacht als Sonderführer (K: Hauptmann). Sonderführer war eine Funktion, die von der deutschen Wehrmacht im Jahr 1937 für den Mobilmachungsfall geschaffen wurde. Mit der Heranziehung als Sonderführer sollten die zivilen Spezialkenntnisse von Soldaten genutzt werden, die keine oder nur eine ungenügende militärische Ausbildung hatten. Dieser Personenkreis wurde in einen Offiziers- oder Unteroffiziersdienstrang übernommen. Eine ideologisch ausgerichtete besondere Aufgabenstellung für den Sonderführer ist nicht zu belegen. So wurden Sonderführer hauptsächlich eingesetzt: als Dolmetscher, im Bauingenieurwesen, bei Finanz- und Verwaltungsaufgaben, bei wissenschaftlichen Aufgabenstellungen wie Archäologie und Kultur-Konservierung, in der Landwirtschaft, im Eisenbahnwesen und da speziell für Feldbahnen. Die Einberufung als Sonderführer war eine jederzeit widerrufliche Übergangsmaßnahme mit dem Zweck, Stellen zu besetzen, für die kein reguläres militärisches Personal zur Verfügung stand. Quelle: Wikipedia.

Er war in der Abwehrgruppe Pz.AOK II angesiedelt. Das ist die Abwehrgruppe im Sturm-Bataillon der 2. Panzerarmee. Beim Angriff auf die Sowjetunion 1941 war die Panzergruppe 2 Teil der Heeresgruppe Mitte, welche den Auftrag hatte, Moskau zu erobern. Das Infanterie-Sturm-Bataillon PAOK 2 wurde am 16. April 1942 direkt in Russland aufgestellt.

Die drei Bilder weiter unten stammen von Juni oder Juli 1942 aus der von den Deutschen besetzten Stadt Orel (Oriol, Орёл). Man erkennt klar Gregor mit der Wehrmacht-Sonderführer-Uniform mit dem hellen nicht vorgestossenen Kragenspiegel. Er trifft hier seinen Bruder Bruno, der freiwillig bei der Waffen-SS ist. Bruno schreibt in einem Brief von diesem Treffen und von möglichen weiteren mit seinem Bruder.

Rückseite von Bruno und Gregor auf einer Terrasse in Orel

Rückseite von Bruno und Gregor auf einer Terrasse in Orel

Orel liegt ziemlich direkt an der Front, die 1942 an dieser Stelle bereits am Rückzug ist weil der Angriff auf Moskau scheiterte. Als Sonderführer gilt Gregor als Kombattant, er ist also aktiv an der Ostfront beteiligt. In Anbetracht dessen, dass seine Brüder Walfried und Erich weder auf Seite Russlands noch auf Seite Deutschland kämpften und kämpfen mussten, kann man daraus nur schliessen, dass Gregor ebenso freiwillig bei der Wehrmacht ist, besonders wenn er bereits ab April 1941 dabei ist.

Der Rang “Sonderführer” stellt seine zivilen Kompetenzen in den Vordergrund. Die oben genannten Möglichkeiten schieden in grosser Zahl aus. Es bleiben nur Dolmetscher und Verwaltungsaufgaben übrig weil er ja in seinen Frühen Fliegerjahren komplizierte Knochenbrüche hat. In den UNRRA-Unterlagen schreibt er auch von einer 50 prozentigen Invalidität, welche ihm die Litauische SSR nach dem Ausscheiden aus der litauischen Luftwaffe kurz zahlte. Er schaut auf den Bildern mit Wehrmachtsunform auch magerer aus als auf den Bildern vor dem Krieg. Verwaltungsaufgaben im Frontbereich gibt es zwar, aber er hat dafür keine spezielle Ausbildung. Dolmetschen könnte er, er kann sicher Deutsch, Litauisch und mit grosser Wahrscheinlichkeit auch Russisch und Polnisch, aber auch das war nie sein Aufgabengebiet und jede Person aus den Baltischen Staaten könnte einer dieser Sprachkombinationen.

Bruno war hinteren SS-Truppen zugeteilt und im Nachschub tätig. Er konnte eher nicht so ein Treffen vor Ort an der Front organisieren. Gregor hatte als Offizier vielleicht diese Möglichkeit. Die Frage ist wirklich welche Funktion er als Sonderführer in einer Panzer-Division haben kann. Er ist Flugzeugtechniker und Pilot. Er hat in seinem Leben nie etwas anderes gemacht. Wurde er doch als Pilot bei der Deutschen Luftwaffe eingesetzt? War er Flugzeugmechaniker?

Die nicht bekannte Spezialfunktion, seine vielleicht wirklich behindernden alten Verletzungen und vor allem den Umstand, dass er seine Frau mit dem jungen Egidijus irgendwo, vermutlich in Deutschland, zurücklässt und völlig unbeschadet von der Ostfront zurückkommt, lässt doch ein paar grosse Fragezeichen aufpoppen.

Gregor und Bruno auf einer Terrasse in Orel

Gregor und Bruno auf einer Terrasse in Orel

Bruno und Gregor auf einer Terrasse in Orel

Bruno und Gregor auf einer Terrasse in Orel

Im dritten Bild ist ein weiterer Waffen-SS-Soldat mit dabei der sonst auch in Brunos Gruppe aufscheint. Vielleicht ist er ebenso Litauer?

Bruno, Gregor und eine Waffen-SS-Soldat auf einer Terrasse in Orel

Bruno, Gregor und ein Waffen-SS-Soldat auf einer Terrasse in Orel

Gregor in deutscher Offiziersuniform mit Egidijus

Gregor in deutscher Offiziersuniform mit Egidijus

Dieses Bild im Schnee hat keine Orts- oder Datumsangaben. Gregors Kind Egidijus ist darauf aber mindestens vier Jahre alt und wurde März 1939 geboren, die Aufnahme stammt somit vermutlich von Anfang 1943. In diesem Jahr wird Gregor und Janina ins Deutsche Reich eingegliedert. Spätestens dann ist die Familie nicht mehr in Litauen, man kann aber davon ausgehen, dass sie bereits seit 1941 in Deutschland sind.

Nach den letzten Bildern aus unseren Fotoalbum gehen wir nun Unterlagen der Arolsen Archives durch, die ein klareres Bild zeichnen.

Fragebogen zur Registrierung als Deplaced Person ausgefüllt von Gregor

Fragebogen zur Registrierung als Deplaced Person ausgefüllt von Gregor

Gregor macht zusammen mit seiner Frau und seiner Schwiegermutter 1946 Anträge um den Flüchtlingsstatus (Deplaced Person) zu erhalten. Diese Anträge sind erhalten. Es handelt sich um das so genannte TUSA Form DP/G-1 (1 June 46). Das ist ein vierseitiger Bogen, der in mehreren Sprachen aufgelegt wird. Für Litauer ist er Litauisch obwohl Gregor und Janina perfekt Deutsch können. Die erste Seite umfasst allgemeine Daten. Spannend ist die Seite 2. Da soll aufgelistet werden was man wo in den Jahren 1939 bis inklusive 1945 gemacht hat.

Hier macht Gregor sehr originelle Angaben, die mit den Bildern die wir hier oben haben ganz und gar nicht zusammenpassen.

  • 1939 und 1940: Karo tarnyba kupos vadas Šiauliai  Lietuva (Kompaniechef im Militärdienst in Šiauliai Litauen). Das ist richtig.
  • 1941 Pensijos (Rente) in Marjampolė. Gregor wurde am 29. Juli 1940 mit einer Invalidenrente aus dem Militärdienst entlassen.
  • 1942 und 1943 ūkininkavimas (Landwirtschaft) in Obeliai (sehr kleines Dorf im Norden von Litauen).
  • 1944 ūjeio darbininkas Polchau Vokietijos 3 mėnesiųs (Landarbeiter in Polchau Deutschland, 3 Monate) Polchau heisst heute Połchowo ist ein Dorf nördlich von Gdańsk.
    1945 ūjeio darbininkas Chiesch Vokietijos 4 mėnesiųs (Landarbeiter in Chiesch Deutschland, 3 Monate) Chiesch heisst heute Chyše ist ein Dorf im Westen Tschechiens.

Es folgen spezifischere Fragen:

  • Unter Punkt 7 kommt die Frage: “Geben Sie an welcher Armee, welcher politischen oder Jugendorganisation sie den letzten 10 Jahren angehörten (Name der Organisation, Datum, Rang)” Gregor schreibt: “lietuvos kariuomenes iki 1940 liepos men.” (Litauische Armee bis Juli 1940).
  • Unter Punkt 8 steht die Frage: “Wann haben Sie Ihre Heimat verlassen? Warum?” Gregor antwortet: “1944 m. liepos viduryje, regimas nuo fronto bolseviku teroro” (Mitte Juli 1944, Flucht vor der Front und dem bolschewistischen Terror).
  • Unter Punkt 9 folgt die Frage: “Wann sind sie nach Deutschland gekommen? Wie?” Gregors Antwort: “1944 rugpjūčio pradzioje, vienintelis laisvas kelias i vakarus” (Anfang August 1944, auf der einzigen freien Strasse nach Westen).
  • Punkt 10: “Welche Deutsche Organisation hat Ihre Einreise nach Deutschland registriert?” Gregors Antwort: “jokia” (keine). Unter Punkt 11 und 12 folgen Abfragen zu spezifischen Nazi-Deutschen Ausweisen und Mitgliedschaften (Kennkarte für Umsiedler, Volkssturmausweis, etc.), die Gregor alle verneint.
  • Punkt 13 fragt Unterlagen zu Tätigkeiten zwischen 1939 und 1945 ab, die dem Fragebogen beigelegt wurden. Gregor gibt an: “Darbo kortele 1944 Polchau rugsejo pradžioje” (Arbeitskarte aus Polchau, Anfang September 1944)
  • Unter den Punkten 14, 15 und 16 stehen Fragen zur Erfassung in Nazi-Deutschen Umsiedlungsprogrammen, die Gregor alle verneint.
  • Punkt 18 fragt nach der begründeten Rückkehrwilligkeit. Gregor verneint und begründet: “Todel kad tevyne bolševikų okupuota” (Weil die Heimat von den Bolschewiki besetzt ist).
  • Unter Punkt 19 verneint Gregor die Deutsche Staatsbürgerschaft annehmen zu wollen.
  • Punkt 20 fragt Verfolgung und KZ-Zeiten ab. Gregor verneint.

Ganz unten: “Ich versichere, dass die oben markierten, von mir verfassten oder diktierten Antworten nach besten Wissen und Gewissen vollständig und richtig sind” Unterzeichnet in Hanau, am 8. August 1946 von Gregor Radvenis.

Gregor macht 20. Jänner 1947 einen weiteren fast identen Antrag. Es liegt ein analoger Antrag von seiner Frau Janina vor, bis 1943 gibt sie sich als Hausfrau aus, 1944 und 1945 als Landarbeiterin in Polchau und Chiesch wie Gregor. Auch von Janinas Mutter Barbora gibt es solch ein Dokument, es ist 6-seitig und auch sie gibt Chiesch für 1945 an.

Doch die Antwort der Behörden im Amerikanischen Sektor sind negativ. Gregor wird nicht als gefährlich gekennzeichnet, aber er erhält keinen Flüchtlingsstatus weil Gregor mindestens die Punkte 8 und 9 falsch ausgefüllt hatte: “8-6 false, Wife EWZ States he came to Germany same Time“. Gregor hat anscheinend gut seine Spuren verwischt, aber auch die Nazi-Deutschen waren Deutsche und als solche haben sie alles dokumentiert. Die Amerikanischen Behörden finden in den den Unterlagen der Einwandererzentralstelle (EWZ), dass Janina “Feb/March 1943” zusammen mit ihrem Mann eingebürgert wurde.

Ablehnung der Registrierung als Deplaced Person für Gregor

Ablehnung der Registrierung als Deplaced Person für Gregor

Hier unten das Telegramm welches die Amerikanischen Behörden von den EWZ-Daten-Verwaltern erhalten. Dieses Dokument ist nicht datiert, es kann auch aus einer späteren Anfrage des Ehepaars Radvenis stammen.

Datenabfrage EZW für Janina

Datenabfrage EZW für Janina

Gregor trug 1942/1943 die Einbürgerungsnummer 562946 und Janina 562947. Die Einbürgerungszentrale war in Łódź, aber dafür müssen Gregor und Janina nicht dort gewesen sein. Wie schon erwähnt, haben wir für Janina ähnlich diffuse Angaben zum Aufenthalt und zur Tätigkeit während dem Zweiten Weltkrieg. Daraus können wir also nichts ableiten.

Hier folgen nun nazi-deutsche Unterlagen von der Einbürgerung Gregors ins Deutsche Reich 1943. Es sind jene, die auch die Amerikanischen Behörden auswerten um einen Flüchtlingsstatus anzuerkennen oder abzulehnen.

So genannte “Eignungsprüfer”, Mitarbeiter des Rasse- und Siedlungshauptamtes der SS (RuSHA), begutachteten  die “Rasseeigenschaften”. Mitten im Krieg sind die Kriterien schwächer, man kann anscheinend keine ganzen und vollständigen Ahnenpässe mehr erstellen und prüfen. Man begnügt sich mit die Rückschau bis zu den Grosseltern (oberste Zeile). Der Vater (Karl) hatte 4 andere andre Geschwister (laut Familienstammbaum sollen es 5 sein) und die Mutter ebenso 4 andere Geschwister. Gregor (P) hat laut dem Plan 3 andere Geschwister von den selben Eltern (G 1 bis 3 auch rechts namentlich genannt) und in Summe 5 mit der zweiten Frau seines Vaters (händische Ergänzung rechts “Halbgeschwister”). Es ist auch schon der 1. Sohn Egidijus in der letzten Zeile eingetragen. Am Passfoto seiner Einbürgerung ist er in zivil.

Der kleine Stammbaum stammt aus 1942/1943. Kurioserweise ist auch der Sohn “Vytautas geb. 17.10.46″rechts vermerkt. Das muss eine spätere Ergänzung der Amerikanischen Behörden sein. Gregors zweiter Sohn kam effektiv an diesem Datum in Hanau zur Welt.

Ahnentafel und Foto von Gregor bei der Einbürgerung ins Deutsche Reich

Ahnentafel und Foto von Gregor bei der Einbürgerung ins Deutsche Reich

Es gibt auch den Bogen der medizinischen Untersuchung. Obwohl Gregor 1940/1941 eine Invalidenrente bezog und unter “Vorgeschichte” auch Probleme am “linken Fuß” vermerkt sind, wird Gregor die “volle Einsatzfähigkeit zu schwerer Arbeit” beschienen. Obwohl es ein Feld für den “Tag der Untersuchung” gibt, ist dieses leider leer. Wie der kleine Stammbaum stammt der Gesundheitsbogen aus 1942/1943.

Gesundheitsbogen vom Gregor bei der Einbürgerung ins Deutsche Reich

Gesundheitsbogen vom Gregor bei der Einbürgerung ins Deutsche Reich

Es fehlt leider der Einbürgerungsbescheid, aber es gibt folgende Bestätigung des Nazi-Deutschen Reichsministers des Inneren an die Einwanderungszentralstelle in Łódź: es besehen keine Bedenken zur Einbürgerung wegen “besonderer Bewährung als Sonderführer der Wehrmacht”. Im Brief von 30. Jänner 1943 wird auch auf Unterlagen vom 21. September 1942 Bezug genommen. An diesem Datum könnte die Einbürgerung gestartet sein.

Das Dokument belegt aber, dass Gregor zeitgleich an der Ostfront war. Handschriftlich steht unten “[…] an Feldpost 00049 zustellen”. Das war:

  • 12.07.1941 bis 26.01.1942 Panzer-AOK 2
  • 15.07.1942 bis 24.01.1943 Panzer-AOK 2 und Sicherungskompanie Kischinka (K)
  • 01.08.1943 bis 23.03.1944 Panzer-AOK 2 und Sicherungskompanie Kischinka (K) und Abwehrtruppe 176 (D)
  • 24.03.1944 bis 06.11.1944 Panzer-AOK 2 und Sicherungskompanie Kischinka und Frontaufklarungs-Trupp 176
  • 07.11.1944  bis 08.05.1945 Panzer-AOK 2 und Sicherungskompanie Kischinka

Wir sind somit wieder bei der bereits genannten 2. Panzerarmee der Wehrmacht.

Zulässigkeit der Einbürgerung Gregors vom 30. Jänner 1943 wegen Bewährung als Sonderführer der Wehrmacht

Zulässigkeit der Einbürgerung Gregors vom 30. Jänner 1943 wegen Bewährung als Sonderführer der Wehrmacht

Ob eine Umsiedlerfamilie eingebürgert oder zurückgeschickt wird, wird nach eingehender Prüfung entschieden und hängt von einem Ansatzentscheidung ab. Sogenannte A-Fälle werden im “Altreich”, O-Fälle im “Osten” angesiedelt. Quelle: Wikipedia. Gregor wird nachträglich vom “Altreich” in den “Osten” angesiedelt. Diese Änderung wird nicht begründet, auch wissen wir nicht ob sie Gregor selber veranlasst hatte. “Osten” bedeutet vor allem den Reichsgau Wartheland südlich von Gdańsk. Es kann aber andere Gebiete umfassen und Gregors Angabe bei seinem Ansuchen zur Anerkennung als Flüchtling mit 1944 in Polchau/Połchowo kann auch als “Osten” gewertet werden.

Die Gründe zur Einbürgerung zu diesem Zeitpunkt bleiben ebenfalls unklar. Spätestens ab April 1941 ist Gregor bei der Wehrmacht und damit im Russlandfeldzug. Im Sommer 1942 ist er in Orel knapp hinter der Front. Man kann davon ausgehen, dass er bis Kriegsende bei der Wehrmacht war. Zwischendurch und mittendrin werden er und seine Frau eingebürgert.

Änderungsbescheid von A in O vom 25. Mai 1943

Änderungsbescheid von A in O vom 25. Mai 1943

Im selben Stil wie für Janina gibt es auch eine Anfrage von den Amerikanischen Behörden zu Gregor. Diese ist ziemlich sicher älter weil diese Daten per se nicht zur Anerkennung als Deplaced Person zulässig machen. Die Abfrage kann aus 1947 stammen, als Gregor und seine Familie abermals Flüchtlingsstatus zu erlangen versuchen und gegen Bescheide der IRO (International Refugee Organisation) berufen.

Die letzte Zeile (“Member of the Kulturverein”) ist nicht geklärt. Ausgehend davon, dass sich Gregor später viel für Litauer in den USA einsetzte, kann es sich hier um einen litauischen Kulturverein im der Amerikanischen Besetzungszone handeln.

Datenabfrage zu Militärangehörigkeit für Gregor

Datenabfrage zu Militärangehörigkeit für Gregor

Folgendes Dokument der IRO von 1949 wird noch klarer bezüglich der Tätigkeit Gregors währen dem Zweiten Weltkrieg:

  • Social Status during the War: Soldier in German Army
  • Date of Arrival in Germany: 9.1.1941. Dieses Datum ist wohl wirklich als 9. Jänner 1941 zu lesen, obwohl am selben Dokument die Datumsangaben gemischt Europäisch und Amerikanisch sind.
  • Darunter: “[…] applicant and his family acquiered German citizenship and applicant served voluntary in the German armed forces […]”

Dieses Dokument widerlegt alle Angaben Gregors zuvor und sie decken sich somit mit den wenigen Fotos in unserem Familienalbum: Gregor war ab Anfang 1941 freiwillig Offizier in der Deutschen Wehrmacht an der Ostfront. Seine Aufgabe als Sonderführer dort bleibt allerdings unklar.

Negativer IRO-Bescheid für Gregor am 2. Dezember 1949

Negativer IRO-Bescheid für Gregor am 2. Dezember 1949

Es ist auch unklar wie Gregor sich wirklich durch das Kriegsende schlägt. Es ist relativ unwahrscheinlich, dass er 1944 in Polchau/Połchowo nördlich von Gdańsk war. Die im Ansuchen zum Flüchtling angegebene “Arbeitskarte aus Polchau, Anfang September 1944” war wahrscheinlich gefälscht. Es ist allerdings möglich, dass er samt Frau, Kind und Schwiegermutter in Chiesch/Chyše im Westen Tschechiens war. Der Ort liegt westlich von Prag und direkt am Weg nach Coburg, wo er jedenfalls am 1. Juni 1945 im Melderegister erscheint.

Er gibt einen Verlauf von Chiesch nach Westdeutschland in einem handschriftlichen Ansuchen an den “Commanding General United States Constabulary APD 46, US Army Abt. DP, Appeal Board” an. Sein Weg von Chiesch nach Hanau soll vom 6. Mai 1945 bis zum 14. Juli 1945 gedauert haben. Eine viel undurchsichtigere Zeit und Gegend kann man sich fast nicht aussuchen um diskret nach Westdeutschland zu gelangen.

Handschriftliches Ansuchen von Gregor zur Erlangung des Flüchtlingsstatus vom 28. Juni 1947

Handschriftliches Ansuchen von Gregor zur Erlangung des Flüchtlingsstatus vom 28. Juni 1947

Gesicherte Daten zum Werdegang Gregors im Zweiten Weltkrieg

Wir haben gesehen, dass Gregor erfolglos versucht hat seine Deutsche Staatsbürgerschaft und seine Wehrmachtsangehörigkeit nach dem Krieg  zu verheimlichen. Das macht das Festmachen von Eckpunkten seines Lebens in dieser Zeit nicht einfacher.

  • Am 29. Juli 1940 wird Gregor aus dem Militärdienst entlassen. Dieses Datum und der Umstand stammen aus anderen Biographien, sie passen aber mit Unterlagen von Bruno und mit dem Ende des unabhängigen Staates Litauen zusammen.
  • In der zweiten Jahreshälfte 1940 ist Gregor in Marjampolė und bezieht eine Invalidenpension. Diese Information findet sich in anderen Biographien und auch in von Gregor unterzeichneten Dokumenten, wobei letztere auch oft falsch sind. Aber er hatte schwere Flieger-Unfälle und der Umstand scheint nicht unglaubwürdig. Der Mensch war jedoch umtriebig, kann er es lange nichts tuend ausgehalten haben?
  • Am 9. Jänner 1941 kommt Gregor und wahrscheinlich ebenso seine Familie nach Deutschland. Die Information kommt von den Amerikanischen Behörden, die auf Nazi-Deutsche Dokumente zurückgreifen. Leider kennen wir keine Ort zu diesem Ereignis.
  • Im April 1941 kommt Gregor freiwillig zur Wehrmacht und wird Sonderführer (K, Hauptmann) in der Abwehrgruppe im Sturm-Bataillon der 2. Panzerarmee. Die Information kommt von den Amerikanischen Behörden, die auf Nazi-Deutsche Dokumente zurückgreifen. Auch vorhandene Nazi-Deutsche Unterlagen bestätigen diese Funktion wie man in einem späteren Punkt sieht.
  • Am 22. Juni 1941 greift Hitler die Sowjetunion an. Mit dabei war die 2. Panzerarmee. Dessen räumlicher Verlauf ist grob auf Wikipedia skizziert. Auch Orel (nächster Punkt) wird dort genannt.
  • Im Juni 1942 ist Gregor zusammen mit seinem Bruder Bruno in Orel an der Ostfront.
  • Im Februar 1943 werden Gregor und seine Frau Janina ins Deutsche Reich eingebürgert. Gregor ist bei der Verleihung der Urkunde vermutlich nicht zugegen weil das Dokument auch eine Weitersendung an die Feldpostnummer 00049 anordnet.
  • Im Sommer 1943 wird die 2. Panzerarmee in den Balkan verlegt. Gregors Sprachkenntnisse sind da nur mässig sinnvoll.
  • Im März 1945 ist die zweite die 2. Panzerarmee in Ungarn und zu Kriegsende zieht sich die Armee über Westungarn und die Steiermark nach Kärnten zurück. Das passt nicht mit dem Aufscheinen in Coburg zusammen.
  • Am 1. Juni 1945 erscheinen Gregor und seine Frau im Melderegister der Stadt Coburg an der Rosenauerstrasse 93.
  • Am 14. Juli 1945 gibt Gregor an, in Hanau angekommen zu sein.

Gregor ging als über 40-jähriger zur Wehrmacht während seine Frau mit Kind irgendwo in Deutschland (vermutlich im heutigen Polen) auf ihn wartet. Er ist an der Ostfront nominell an so ziemlich allen verlustreichen Schlachten der Wehrmacht beteiligt. Der Rang als Sonderführer lässt ihn sicher weiter hinter der Front verweilen, was für das Überleben sicher hilfreich ist. Der Schwenk über den Balkan und Ungarn macht wenig Sinn. Irgendwo im Jahr 1943 muss Gregor aus der 2. Panzerarmee ausscheren und andere Wege gehen. Sonst wäre er wahrscheinlich wie sein Bruder spätestens zu Kriegsende gestorben.

Unergründlich bleibt auch der Umstand, dass Gregor als Pilot und Flugzeugmechaniker in einer Panzerarmee dient und nicht als Pilot eingesetzt wird.

Gregor nach dem Krieg in Deutschland

Nach dem Krieg lebte Gregor bis Sommer 1946 im UNRRA-Flüchtlingslager Coborg und danach in Hanau. Er arbeitete als Leiter der Transporteinheit der Hilfs- und Rehabilitationsbehörde der Vereinten Nationen (United Nations Relief and Rehabilitation Administration. UNRRA). Hier wird er wohl seine Sprachkenntnisse eingesetzt  haben. Es ist ausfällig, dass die die Stelle wo er arbeitet, ihm nicht den Flüchtlingsstatus gewährt.

Im Jahr 1949 zieht er nach Ludwigsburg bei Stuttgart um und arbeitet im kanadischen Konsulat als Durchgangslagerleiter, also einem ähnlichen Rahmen wie bei der UNRRA.

Auswanderung in die USA 1952

Nach all den Ablehnungen des Flüchtlingsstatus erhalten Gregor und seine Familie doch Plätze im begrenzten Kontingent zur Aussiedlung in die USA. Dies war sicher nicht Gregors erster Wunsch, aber er wollte anscheinend nicht als Deutscher (der er rechtlich durch Einbürgerung war) in Deutschland bleiben. Wahrscheinlich sah er auch die Tätigkeit als Pilot verbaut, weil er sich freiwillig der Wehrmacht angeschlossen hatte.

Vermutlich per Schiff, reist Gregor am 10 Mai 1952 via New Orleans in die USA ein und stellt sogleich einen Antrag auf Einbürgerung.  Er reist danach gleich weiter nach Los Angeles, wo er den Rest seines Lebens bleibt.

Einbürgerungsansuchen von Gregor in die USA

Einbürgerungsansuchen von Gregor in die USA

Er arbeitet ab 1952 in Los Angeles bei der Stamping Co., einer Fabrik für Flugzeugteile. Er beteiligt sich aktiv an den Aktivitäten litauischer Diaspora.

Aufgrund seines Dienstes bei der deutschen Wehrmacht und seiner Ausreise in den Westen wurden Gregor und seine Leistungen für die litauische Fliegerei während der Litauischen Sowjetrepublik nie erwähnt.

Gregor stirbt am 26. Dezember 1989 in Los Angeles, Kalifornien. Er wird baldige die Unabhängigkeit Litauens wohl erahnt haben. Gregor wird in der litauischen Segelfluggeschichte als erster „C“-Pilot und erster Segelfluglehrer in Erinnerung bleiben.

Würdigung der Segelfliegerschule auf Nida ab den 1990er-Jahren

Der Zweite Weltkrieg machte das Segelfliegen obsolet. Man schulte neue Piloten am laufenden Band direkt auf Motorflugzeugen. Die Anlagen der Segelflugschule und auch alle Segelflieger verrotteten und verschwanden, so dass davon nichts mehr übrig blieb. Der Wald nahm viele freie Flächen wieder ein.

Im Mai 2000 reist meine Frau Alexandra mit ihrem Vater Wladimir erstmals nach Litauen. Wladimir ist ein Neffe von Gregor. Ein anderer Verwandter organisiert eine private Führung vor Ort mit dem Fluglehrer Vytautas Vincevičius. Dieser spricht nur Litauisch und Russisch. Daher ist auch die Schullehrerin Daiva zugegen, die mehr schlecht als recht auf englisch übersetzt.

Daiva, Vytautas Vincevičius und Alex beim Segelfliegerdenkmal in Nida

Daiva, Vytautas Vincevičius und Alex beim Segelfliegerdenkmal in Nida

Am Standort des Hangars wurde ein symbolisch wieder ein Stützbogen aufgestellt. Rechts steht ein ein Skulptur eines Segelflugzeugs und vorne in der Mitte würdigt ein gravierter Stein die Gründer und Betreiber und Rekordhalter der Schule, darunter Gregor.

Segelfliegerdenkmal in Nida

Segelfliegerdenkmal in Nida

Segelfliegerdenkmal in Nida

Segelfliegerdenkmal in Nida

Auf der Stele steht in Litauisch und Deutsch:

Sklandytojams virs Kursiu Nerijos
Segelflieger über der Kurischen Nehrung

Gregoras Heidrikis-Radvenis
Pirmasis Nidos sklandymo mokyklos viršininkas
Erster Leiter der Segelflugschule in Nida

Ferdinand Schulz
60,2 Km 1927 Pasaulio rekordas / Weltrekord

Jonas Pyragius
22h36min 1930 Lietuvos rekordas / Litauischer Rekord

Alfredas Gysas
26h03min 1938 Lietuvos rekordas / Litauischer Rekord

Wladimir und Alex beim Segelfliegerdenkmal in Nida

Wladimir und Alex beim Segelfliegerdenkmal in Nida

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