Transitlager Zehdenick und Wernigerode 1942

Dies ist der Abschnitt, der direkt nach dem Transitlager Grotniki in Polen 1941 folgt. Dieser Teil der Geschichte ist schlechter bebildert, anscheinend blieb die Kamera von Grotniki nicht im Gepäck oder die Person diese sie bediente reiste woanders hin. Es fehlen auch einige Eckdaten wie die Umzüge zwischen den Lagern. Unklare geographische Zuordnungen sind hellgrau hinterlegt.

Letztes Update 11. April 2025.

Die ursprünglichen Formate der Bilder sind unterschiedlich, aber mehrheitlich 82x53mm, es kommen aber auch 60x38mm oder die quadratische Form 53x53mm vor. Nur sehr wenige Bilder weisen Beschriftungen auf. Sie waren ursprünglich in ein Fotoalben eingeklebt, das in den 1950er Jahren zusammengestellt wurde. Alle Bilder stammen aus der Zeit Jänner bis Dezember 1942. Abgebildete erwachsene Personen sind somit höchstwahrscheinlich nicht mehr am Leben, abgebildete Kinder sind 2025 allesamt über 85 Jahre alt wenn sie noch leben.

Weiteres Zwischenlager Zehdenick bei Berlin

Lydia reist im Winter 1941/1942 weiter nach Zehdenick, das ist nördlich von Berlin. Es gibt von dort Fotos aus vom Frühjahr  bis Sommer 1942.

Die ersten drei Bilder hier zeigen alle Kinder im Schnee. Sie tragen unterschiedliche Jahreszahlen (1941 oder 1942) und es ist nicht klar ob wir noch in Grotniki oder bereits in Zehdenick sind weil der Wechsel eben in diesem Winter 1941/1942 erfolgte.

Leo, Klaus (?) und ein Mädchen Xf156

Leo, Klaus (?) und ein Mädchen Xf156 datitert 1942

Die folgende Bilderserie ist klar in Zehdenick. Der “Horst-Wessel-Stein” war dort so Anfang den 1940er-Jahren aufgestellt worden. Der Schriftzug “Horst-Wessel” wurde nach 1945 mit einer Steintafel überdeckt auf der «Nie wieder Gewaltherrschaft, den Opfern» steht. Der Stein steht 2025 noch an der selben Stelle, der Park ist allerdings etwas anders gestaltet. Die einzige Datumsangabe zu den Bildern ist 1942, aber es scheint Sommer zu sein.

Hier erscheint zum ersten Mal Leonid, ein späterer Mann von Lydia, er war nie in Litauen und mit ziemlicher Sicherheit auch nicht in Grotniki. Neu sind ebenfalls Eugenie und ihre Tochter Galina, eine Tante und Cousine von Lydia. Sie scheinen nicht in den Bildern von Grotiki auf, sie können auf anderen Wegen von Litauen nach Deutschland gekommen sein.

Im Bild ist auch eine jüngere Frau mit hellem Rock, welche Lydias Freundin Bina (?) sein könnte. Sie erschien auch auf Photos in Grotniki und Litauen davor.

Bina (?), Eugenie, Galina und Leonid im Park beim «Horst-Wessel-Stein» in Zehdenick

Bina (?), Eugenie, Galina und Leonid im Park beim «Horst-Wessel-Stein» in Zehdenick

Das letzten drei Bilder aus Zehdenick zeigt zwei weitere unbekannte Frauen Xf159, Xf101 und ein Mädchen Xf103 neben Lydia, Leonid, Eugenie und Galina.

Eugenie, Galina, Xf159, Lydia, Xf101 und Leonid auf einer Treppe in Zehdenick

Eugenie, Galina, Xf159, Lydia, Xf101 und Leonid auf einer Treppe in Zehdenick

Xf101, Galina, Leonid, Eugenie, Xf103, Mädchen Xf104 und vorne Lydia

Xf101, Galina, Leonid, Eugenie, Xf103, Mädchen Xf65 und vorne Lydia

Lydia, Eugenie, Leonid und Galina

Lydia, Eugenie, Leonid und Galina

Letztes Lager Wernigerode

Im Laufe des Sommers 1942 gelangte Lydia mit Teilen ihrer Familie nach Wernigerode im Harz. Es soll ihr letztes Zwischenlager sein. Die Serie trägt die Bezeichnung «Wernigerode, Sommer 1942».

Folgendes Bild ist mit «Essraum im Lager Wernigerode» bezeichnet. Lydia ist die dritte von links. Rechts ein Mann in Wehrmachtsuniform. Die zweite von Rechts ist ihre Mutter Hedwig.

An der Wand hängen Hitler- und Nazi-Abbildungen: Links ein Spruch, anschliessend ein Reichadler mit Hakenkreuz, in der Mitte Adolf Hitler mit Hakenkreuzbinde, rechts davon eine nicht erkennbare Abbildung und ganz rechts ein Bild mit einem Soldatenhelm und dem Schriftzug Victoria. In der Mitte steht ein grosser Schriftzug, der allerdings vollständig von Birkenzweigen verdeckt ist. So eindeutige Propaganda-Kennzeichen sind aus Grotniki nicht auf Bildern bekannt.

Essraum im Lager Wernigerode mit Xf163, Soldat Xm164, Lydia, Hewdig und Xf165

Essraum im Lager Wernigerode mit Xf163, Soldat Xm164, Lydia, Hedwig und Xf165

Vergrösserung der Personen Xf163, Soldat Xm164, Lydia, Hedwig und Xf165

Vergrösserung der Personen Xf163, Soldat Xm164, Lydia, Hedwig und Xf165

Erst bei der genauen Durchsicht anderer Dokumente fiel eine Art Eingangsstempel auf dem litauischen Auszug für Lydia aus dem Trauungsregister auf. Die Hochzeit fand am 11. August 1935 statt. Der Auszug stammt vom 3. September 1940. Zu dieser Zeit war Lydias Mann Alexander bereits vom NKVD im Rahmen der massiven Einsperrungen und Scheinprozessen im Gefängnis. Das Dokument ist eine litauische Vorlage, welche 1940 litauisch ausgefüllt wurde. Darunter befindet sich eine undatierte deutsche Übersetzung samt gestempelter Bestätigung der “Volksdeutschen Mittelstelle Umsiedlung, Wernigerode, Lager Margaretenhof.

Auszug aus dem Trauungsregister für Lydia Innenseite

Auszug aus dem Trauungsregister für Lydia Innenseite

Hier ist der Stempel besser lesbar.

Stempel Mittelstelle Wernigerode Lager Margaretenhof auf dem Trauungsregister für Lydia

Stempel Mittelstelle Wernigerode Lager Margaretenhof auf dem Trauungsregister für Lydia

So ist auch das Haus, welches das Lager bildete nachträglich bestimmt. Es handelt sich um das ehemalige Erholungsheim der Friedrich Krupp A.-G- Grusonwerk Hasserode am Harz.

Lager Margarethenhof in Wernigerode

Lager Margarethenhof in Wernigerode

Das Grusonwerk war ein Unternehmen in Magdeburg-Buckau. Es wurde 1855 von Hermann Gruson gegründet, war später Teil der Friedrich Krupp AG und entwickelte sich zu einem der bedeutendsten Unternehmen des Maschinenbaus und der Rüstungsindustrie in Deutschland. Quelle: Wikipedia.

Am kleinen Bild links erkennt man auch gut die vier Fenster aus der Innenraumaufnahme samt ihrer Teilung oben.

Postkarte Erholungshaus Margarethenhof von 1928

Postkarte Erholungshaus Margarethenhof von 1928

Es mag ein Stil der Zeit gewesen sein, aber die Pose der zwei jungen Frauen ist fast ideal nationalsozialistisch. Hinten sitzen Wladimir und Klaus.

Zwei Frauen Xf160 und Xf161 sitzen in einer Wiese

Zwei Frauen Xf160 und Xf161 sitzen in einer Wiese

Es gibt anscheinend wieder Zeit zum Fotografieren.

Unten eines der wenigen Bilder mit Datumsangabe: 1941.08.17, aber keine weitere Bezeichnung. Das ist das selbe Datum wie die Serie «Abfahrt ins Altreich», allerdings handelt es sich um ein anderes Bildformat. So eine offene Landschaft ohne Wald und leicht hügeligen Gelände gibt es nicht rund um Grotniki, wohl rund um Werningerrode wo Lydia 1942 ankommt. Das Bild wird also 1942 eingeordnet. Auf der Schleife kann man lesen: «Unserer Schwester… Jenny und Gally».

Grab auf Friedhof in offener und leicht hügeliger Landschaft

Grab auf Friedhof in offener und leicht hügeliger Landschaft

Es ist nicht klar, ob folgenden vier Bilder in Grotinki 1941 oder in Wernigerode 1941 aufgenommen wurden.

Die einzige Datumsangabe zum folgenden Bild ist 1941. Das Bild ist im Original unscharf. Lydia ist in der Mitte hinten. Der Mann links von ihr trägt eine Wehrmachtsuniform. Solch einer mit einigermassen gutmütigem Gesicht erscheint auch auf einem Bild das klarer Wernigerode zugeordnet ist. Rechts von Lydia könnte ihr späterer Mann Leonid stehen, in der Familienerzählung stammt dieser aber aus dem späteren Lager Zehdenick. 

Feier in Grotniki 1941

Feier mit Xf106, Xf107, Xm108, Yf109, Lydia, Leonid (?) und Xf110

Die folgenden zwei Bilder gehören zusammen. Es sind die gleichen Personen mit der gleichen Kleidung an zwei unterschiedlichen Orten zu sehen. Es scheint sich um eine Familie zu handeln. Kennt jemand diese Personen? Die einzige Datumsangabe zu den Bildern ist Sommer 1941. Und sie waren ist bei Grotniki eingeordnet. Aber das Papier, auf welchem das Photo entwickelt wurde, die Hitlerjungen in HJ-Uniform samt Hakenkreuzbinde, welche in Grotniki sonst nicht erscheinen, das Hakenkreuz als Bodengestaltung, all dies deutet auf einen Zuordnungsfehler hin. Vermutlich stammt die Aufnahme aus Wernigerode Sommer 1942. Xf120 und Xm119 erscheinen auch auf einem Bild das auf der Rückseite klar die Bezeichnung Wernigerode, also 1942 trägt. Am ersten Bild steht die Gruppe auf einer runden Holzterrasse. Kennt jemand dieses Haus?

Ein Junge Xm115 in HJ-Uniform samt Hakenkreuzbinde steht links, der zweite Xm117 ist hinten der dritte von links.

Die ältere Frau vorne ist Emma Wanagat († 1949), Mutter von Aleksandras Medwedevas, sie ist auch auf den Hochzeitsfoto ganz oben zu sehen.

Gruppenbild mit zwei Hitlerjungen in Grotniki 1941

Familiengruppenbild mit Xm115, Xf116, Emma, Xm117, Xf113, Xm111, Xf118, Xf112, Xm114, Xf120, Xm119

Die beiden Jungen in HJ-Uniform samt Hakenkreuzbinde Xm115 und Xm117 stehen in der zweiten Reihe rechts. Die Personen sind die gleichen samt der gleichen Kleidung wie am Bild davor.

Gruppenbild mit zwei Hitlerjungen in Grotniki 1941

Familiengruppenbild mit Xm111, Xf112, Xf113, Xm114, Xm115, Xf116, Xm117, Xf118, Emma, Xm119 und Xf120

Unten das obige Bild in zwei Ausschnitten vergössert.

Linker Ausschnitt aus dem Gruppenbild mit zwei Hitlerjungen in Grotniki 1941

Linker Ausschnitt aus dem Gruppenbild mit Xm111, Xf112, Xf113, Xm114 und Emma

Rechter Ausschnitt aus dem Gruppenbild mit zwei Hitlerjungen in Grotniki 1941

Rechter Ausschnitt aus dem Gruppenbild mit Xm115, Xf116, Xm117, Xf118, Xm119 und Xf120

Am Bild unten links sieht man wieder mindestens zwei der Personen oben, zusammen mit Lydia, Wladimir und Klaus. Das Bild trägt die Bezeichnung «Sommer 1942». Es scheint der Herbst zu beginnen.

Xf120, Xm119 (?), Lydia, Xm121, Wladimir und Klaus

Xf120, Xm119 (?), Lydia, Xm121, Wladimir und Klaus

Das Bild unten trägt die Bezeichnung «Wernigerode 1941». Lydia kam allerdings erst 1942 nach Wernigerode. Es scheint Herbst zu sein.

Hedwig, Lydia, Wladimir und Klaus auf einer Treppe

Hedwig, Lydia, Wladimir und Klaus auf einer Treppe

Unten ein Bild des Kindergartens in Wernigerode. Es ist eindeutig Winter, aber es ist nicht klar ob Winter 1941/1942 oder Winter 1942/1943. Aufgrund der herbstlichen Bilder oben tendieren wir eher zu Winter 1942/1943. Die Frau in der Mitte könnte Lydia mit Wladimir am Arm sein.

Kindergarten Wernigerode 1942

Wenn am Bild unten rechts Xf123 Leos Mutter ist, dann heisst sie Angelika. Es ist nur mit 1943 datiert.

Lydia, Wladimir, Klaus, Leo und eine weitere Frau Xf123

Lydia, Wladimir, Klaus, Leo und eine weitere Frau Xf123 1943 in Wernigerode

Aus den Bildern die später zu Lydia kamen gibt es zum Beispiel folgendes. Der Text auf der Rückseite: Zum Geburtstage meiner lieben Kusine Hedwig von Anna Hirsch, Regensburg, den 19.11.49.

Hedwig Octavia (Sneikus) Heidrich hat effektiv am 19.11. Geburtstag. Anna Hirsch (rechts im Bild) ist also eine Cousine von Hedwig, somit entweder eine Tochter von (unbekannten) Geschwistern von Georg Eduard Sneikus oder Adelina (Robbert) Sneikus. Wir wissen leider nicht wie die Tochter heisst. Beide befinden sich auch auf einem Bild mit der Familie im Jahr 1937 in Litauen.

Tochter Xf29 und Anna Hirsch

Tochter Xf29 und Anna Hirsch

Lydias weiters Leben

Spätestens Anfang 1944 gelangte Lydia jedoch in den (späteren) Westen nach Okar bei Goslar, wo sie bis an ihr Lebensende (31.08.1995) lebte.

Aus dieser Zeit bis in die 1950er-Jahre stammen diese beiden Aufnahmen.

Die Bilder sind nicht datiert, Dagmar wurde allerdings Anfang 1950 geboren, sie ist hier ca. drei Jahre alt, also stammt die Aufnahme frühestens von Anfang 1953.

Xm230, Xf231, Xf232, Xf233, Dagmar, Xf234, Xm235, Lydia, Klaus, Xm236, Edgar und Wladimir

Xm230, Xf231, Xf232, Xf233, Dagmar, Xf234, Xm235, Lydia, Klaus, Xm236, Edgar und Wladimir

Dieses muss aus der selben Zeit stammen.

xXf, Wladimir, Edgar (?), Xf239

xXf, Wladimir, Edgar (?), Xf239

Auf den Bildern wirkt die Zeit unbeschwert. Allerdings war dies auch eine Zeit grosser Ungewissheit bezüglicher vieler Verwandter und Bekannter. Lydias erster Mann, Alexander wurde 1940 in den russischen Gulag verbannt. Man hoffte immer noch, dass er überleben würde aber es gab ab 1950 keine Lebenszeichen mehr. Ähnlich war es 1945 mit Bruno, der als Waffen-SS-Soldat zuletzt bei der 18. SS-Freiwilligen-Panzergrenadier-Division war. Die Familie, wahrscheinlich seine Mutter Hedwig, setzte ein Suchantrag nach Bruno beim Roten Kreuz ab. Sie gab dort an, dass es seit Jänner 1945 kein Lebenszeichen mehr von ihm gab und die letzte Nachricht aus Ungarn kam Das pass mit dem Verlauf der SS-Freiwilligen-Panzergrenadier-Division zusammen. Die Suche muss somit im Frühjahr 1945 erfolgt sein.

Links sieht man wie Bruno auf der Vermisstenbildliste erscheint (2. Bild von links in der 2. Zeile). Diese Bildlisten wurden 1960 vom Deutschen Roten Kreuz in München herausgegeben.

Rechts sieht man eine Suchantrag aus den 1990er-Jahren. Wir beanspruchten den Dienst um litauische Verwandte ausfindig zu machen (erfolglos über den Dienst, aber zuletzt zufällig erfolgreich)

Unten Lydia bei ihrer vorletzten Hochzeit 1944. Sie heirate 1967 noch einmal.

Rechts das letzte Bild von Lydia ca. 1994. Sie starb im Sommer 1995.

Sie war die Mutter vom kleinen Wladimir, der hier auf den Bildern immer wieder auftaucht und die Grossmutter von Andrés Frau Alexandra Medwedeff.

Ein Teil vom Lydias Familie verbleibt in Wernigerode und somit auch in der späteren DDR.

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