zurück - index - weiter
CO 145 S: Cortez
Montezuma County
Zuerst geht es durch das 80 km lange Tal des Dolores Rivers, vorbei an saftig grünen Wiesen, Silberfichten etc. Auch wird das Auto aufgrund eines Gewitters wieder ordentlich geduscht. Durch eine typisch amerikanische Straßengroßbaustelle werden wir erstmals im Mietauto “eskortiert”, was auch viel Spaß macht. Spät aber doch erreichen wir das Montezuma County mit Cortez, dem südwestlichen Eingangstor Colorados und damit wieder die Wüste. Es ist eine größere Stadt (ca. 10000 Einwohner), kurz beschrieben als flach, heiß und eher leblos.
Zunächst suchen wir nach einer Karte für die weitere Fahrt. Nach der recht guten Karte für Colorado sind wir anspruchsvoll geworden. Wir finden aber weder in der Tourist Info, im Christian Bookstore, noch in einer normalen Buchhandlung irgendwas brauchbares. Christian kann bei diesem Bummeln plötzlich sein Bedürfnis einen Cowboy-Hut zu erstehen nicht mehr unterdrücken, und es ist tatsächlich ein guter Ort für diese Anschaffung. Hier passt es wirklich und es ist kein Tourismusort. Die Hut-Wahl wird eine lange Prozedur, einige Zeit spekuliert sogar André, sich auch einen zu kaufen, ihn schreckt der Preis dann doch ab. Die klassischen Hüte bestehen aus einem höchst unnatürlich wirkenden, durchaus harten Stoff, es erinnert uns eher an das Material, aus dem wasserbeständiger Gips für sommerliche Knochenbrüche hergestellt wird. Und die Lederhüte sind sowieso unerschwinglich. Der Hut scheint hier tatsächlich ein Kultobjekt zu sein. Erst recht spät findet Christian einen für seinen Kopf passenden.
Nachher kaufen wir noch in einem großen Foodstore für die nächsten Tage ein, und fahren tanken. Dabei findet Christian zufällig die entsprechende Karte für Arizona, d.h. es kann losgehen. Während unserem Stadtbesuch hat sich in der unangenehm drückenden Hitze ein ordentlicher Sturm gebildet. Es fliegt so ziemlich alles durch die Luft, und fette schwarze Wolken kommen mit hoher Geschwindigkeit auf uns zu. Wir schaffen noch die Fahrt hinauf auf das Plateau zum Entrance des Mesa Verde National Parks, wo wir übernachten wollen, dann kracht es los.
CO 160 (AR): Mesa Verde National Park
CO NP-Roads (AR)
Mesa Verde National Park
Es schüttet nicht nur, es blitzt auch recht anständig, was auf dem Plateau nicht ganz so witzig ist. Bei der Ranger Station traut sich keiner zu uns raus, sie deuten nur, dass wir das Auto nicht verlassen sollen, was schon alleine vom Regen her nicht unbedingt empfehlenswert erscheint. Wir kreisen am Campground herum und halten dort, wo wir später unser Zelt aufstellen wollen. Die halbe Stunde, die das Gewitter noch andauert, verbringen wir mit einer schon längst überfälligen Nahrungszufuhr im Auto.
Der Guss hat die Luft anständig abgekühlt. Wir schmeißen nur unsere Zeltsachen auf den vorgesehenen Platz und da das Wetter besser wird, fahren wir gleich los. Der National Park ist in zwei weit voneinander entfernte Points of Interest aufgeteilt. Wir entschließen uns die näher gelegene Chapin Mesa noch heute in Angriff zu nehmen. Damit die Vegetation noch Zeit zum Abtropfen hat, gehen wir zuerst ins Museum. Dort schauen wir uns einen Film über das Gebiet und die Geschichte an.
Mesa Verde, der “grüne Tisch” ist kein typisch amerikanischer National Park, da die Naturschauspiele hier nicht die Hauptsache sind. Dagegen bietet der Park echte Kultur und Geschichte (also aus einer Zeit vor der Eroberung durch die Europäer). Es handelt sich um die erloschene Zivilisation der Anasazi, die auf dem von Wüsten umgebenen bewaldeten Hochplateau (2200 bis 2600 Meter hoch) von ca. 500 bis 1290 n.Chr. lebten. Somit sind die Europäer ausnahmsweise nicht einmal Schuld am Verschwinden der Anasazi. 1290 hat sich nämlich die gesamte Bevölkerung von einem Tag auf den anderen mehr oder weniger in Luft aufgelöst. Grund dafür könnte z. B. Trockenheit am Plateau gewesen sein.
Gut erhalten sind ihre Behausungen bis heute, denn diese sind zu einem Teil unter der Erde. So wurden in der ersten Periode die Gebäude in den Boden gebaut, mit Eingang am Dach, origineller Belüftung der zentralen Feuerstelle, aber leicht feuerfangendem Oberbau. Später nutzten sie Nischen in Canyonwänden und steilen Absätzen. Dort bauten sie mit Stein und Lehm – teilweise mehrstöckige Gebäude. Der Zugang zu diesen Dörfern ist nicht immer klar ersichtlich. Die Zivilisation muss sehr fortschrittlich gewesen sein, es waren auch keine Nomaden.
Nach der Einführung erkunden wir noch die reale Gegend im wieder traumhaften Wetter per Auto und sogar zu Fuß. Zuerst steigen wir zum Spruce Tree House ab. Wir lassen uns Zeit, es sind auch überhaupt keine Leute mehr unterwegs! Auf der One-Way Straße weiter in den Süden stolpern wir über weitere recht eindrucksvolle Bauwerke, nicht immer sind die in den Nischen der Canyons einfach zu erkennen, scheint wohl Sinn gemacht zu haben. Besonders gut gefallen uns das Square-Tower House (4 stöckiges Gebäude) und der gigantische Cliff Palace (mehr als 200 Räume und viele Kivas), wo gerade die letzten Sonnenstrahlen hintreffen.
Später reicht das Abendlicht nicht mehr aus, um die tiefen Täler zu beleuchten, daher düsen wir schnell zurück und suchen den höchsten Punkt des Plateaus auf: Park Point (2612 m). Dort genießen wir die Fernsicht in der angenehmen Luft nach der Gewitterwäsche (…weiter, als das Auge reicht… zu den Rockies, über das Montezuma Valley etc.) und die herrliche Sonnenuntergangsstimmung. Erst im Dunkeln erreichen wir wieder den Campground, bauen das Zelt auf und essen wieder in der Nacht. Diesmal gibt es Reis mit Inhalt (was auch immer das gewesen sein mag) als Suppe. Geschmeckt war es nicht so schlecht, und da wir es ja eh nicht gesehen haben… dann fallen wir aber so gut wie tot um.
Sonntag, 14. Juli 1996
Früh läutet wieder der Wecker. Das Wetter ist wieder fantastisch, zunächst ist alles aber noch total nass und kühl. In der Sonne wird es aber schnell heiß. Nach einem Frühstück auf der nassen Bank geht es an Wäsche und Geschirr waschen. Erst später wird das Zelt abgebaut und dann geht es los. Bei einer Wassertankstelle tanken wir noch den Wasservorrat auf (sämtliche Fläschchen und Kanister).
CO NP-Roads (AR): Wetherhill Mesa
Dann geht es nochmals tief in den Park hinein zu den Far View Ruins. Die hier erhaltenen Mauerwerke haben fast Festungscharakter und sind weder in Nischen gebaut, noch haben sie exotische Formen.
Nachher fahren wir noch die lange, kurvenreiche Strecke zur Wetherill Mesa. Leider ist das Ende des Loops nicht individuell befahrbar und wir haben den Touristenbus knapp versäumt. Da wir nicht so lange warten wollen, gehen wir zu Fuß zum Step House, einer unter einem riesigen Felsdach angelegten Siedlung. Der Name kommt von den stufenartig geschlichteten Steinen, die als Zugang gedient haben könnten.
Wir verlassen nun diese letzte grüne Insel. Auf der langen Rückfahrt zum Nationalpark Eingang halten wir noch am Montezuma Valley Overlook, wo das Kalk-Plateau nach Norden hin abbricht. Wir fahren aber noch ein Stück weiter bis zur letzten Kurve mit Aussicht im Park, wo wir parken und ein paar Brote essen. Dort treffen wir auch auf zwei motorradfahrende Österreicher und tratschen kurz mit ihnen.
zurück - index - weiter
No Comments