Thema: vom Lieferwagen zum Camper.
“Frei stehen” heisst mit seinem Camper nicht am Campingplatz oder auf Privatgrund von Bekannten zu übernachten, sondern sprichwörtlich “irgendwo”. Abgesehen von den technischen Voraussetzungen (Isolierung, Heizung, etc.) gibt es grundsätzliche rechtliche Rahmenbedingungen und dazu die gelebte Praxis.
Frei Stehen und rechtlicher Rahmen
Die Regelungen unterscheiden sich von Land zu Land. Bei Verboten gibt es auch unterschiedliche Argumente. Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf juristische Richtigkeit oder Vollständigkeit. Korrekturanmerkungen werden gerne entgegengenommen.
Grundsätzlich darf man nur auf öffentlichen Grund fahren, parken und somit theoretisch auch nächtigen. Das gilt auch nur für motorisierte Fahrzeuge. Das Übernachten im Wohnwagen (an ein Fahrzeug gekoppelt oder nicht) ist auf öffentlichen Grund überall verboten und auf privatem Grund ebenso eingeschränkt.
Österreich
Es herrscht grundsätzliches und flächendeckendes Verbot wild zu Campen. Streng genommen ist nur Biwakieren im Notfall über der Waldgrenze erlaubt. Mit dieser Regelung wird auch das “Schlafen im Auto” geahndet. Die Hauptakteure, die das forcieren, sind Campingplatz- und Hotelbetreiber in Tourismusregionen. Oft agieren die betreffenden Gemeinden im Sinne dieser kommerziellen Betreiber.
In Österreich dürfen (müssen) jedoch LKW-Fahrer in ihren Fahrhaus-Kabinen nächtigen. Wenn man nun im Camper übernachtet, macht man faktisch nichts anderes. Das geht, weil man auf öffentlichen Grund parken darf und der Aufenthalt im Fahrzeug als solches nicht verboten ist. Der springende Punkt ist also das “Urlauben”. Wenn das nicht der Fall ist, wird man kaum belangbar sein. Allerdings steht man normalerweise ungern auf Autobahnparkplätzen und in Industriegebieten.
Schweiz
Das Campier-Verbot scheint nicht flächig zu gelten, allerdings stehen an sehr vielen Parkplätzen Campier-Verbotsschilder samt Zusatzschilder gegen Camper und oft mit den Strafgebühren. Das ist faktisch überall wo es Mülleimer gibt und die gibt es in der Schweiz in jeder Haltebucht. Plätze ohne diesem Schild sind sehr selten und meistens privat.
Auch in der Schweiz übernachten LKW-Fahrer in ihren Kabinen, für diese gibt es aber speziell ausgewiesene Übernachtungsplätze.
Deutschland
Auf öffentlichem Gebiet darf nur an speziell gekennzeichneten Orten gecampt werden. Ansonsten ist das übernachten im Zelt verboten, so sagt es die Zelt-Regelung, die sich nur bedingt auf “Schlafen im Auto” übertragen lässt. Vor Ort, auf Parkplätzen und dergleichen, sind selten irgendwelche Hinweise zu finden.
Es gibt jedoch Plätze, die recht unscheinbar nach naturbelassenen Rastplatz aussehen, die aber kostenpflichtige Camper-Stellplätze sind. Hier kommt abends oder unangenehm früh morgens jemand kassieren. Also in solchen Fällen nach dem Info-Schild Ausschau halten, meist steht doch eines irgendwo. Diese Plätze sind meist okay, gut gelegen, manchmal gibt es auch Wasser und WC.
Italien
Das Land der Camper ist Italien. Hier ist das “Schlafen im motorisierten Fahrzeug” explizit erlaubt (nicht allerdings im Wohnwagen). Einschränkung: alles muss im Fahrzeug bleiben, kein Tisch darf herausgestellt werden. Auch Keile unter Reifen zum Ausrichten des Campers werden nicht gerne gesehen.
Das Resultat ist eine regelrechte Camper-Kultur mit vielen Camperstellplätzen, Campingplätzen und auch vielen Verboten, weil man die Camper kanalisieren will. Das hängt immer wieder vom touristischen Druck ab.
Frankreich
Es handelt sich mit Frankreich um das Land mit den meisten selbstausgebauten Campern. Das frei Stehen, also das Übernachten im Fahrzeug, ist erlaubt wenn alles im Fahrzeug bleibt. Die Verbotszonen sind grösser und restriktiver als in Italien, meist verordnen ganze Gemeinden ein flächendeckendes Camper-Verbot (am Ortseingang ausgeschildert), davon sind fast alle Küstengemeinden betroffen.
Allerdings werden oft Camper als Fahrzeugkategorie verboten. Das hat zwei grosse juristische Haken: ein ausgebauter Bus ist nicht zwingend als Camper gemeldet und besonders weist die französische und die europäische Strassenverkehrsordnung keine Fahrzeugkategorie “Camper” aus und somit kann diese nicht verboten werden. Denn das Abstellen und das “Schlafen im Auto” sind nicht per se verboten. Das heisst, dass solche Verbote streng genommen keine juristische Grundlage haben und die blauen Schilder mit durchgestrichenem Camper keine Gültigkeit haben. Exekutiert wird von eifrigen Gemeindebediensteten (Police municipale) allerdings trotzdem oft.
Portugal und Spanien
Grundsätzlich gilt ein generelles Campierverbot, aber exekutiert wird es nur dort wo es auch ausgeschildert ist. Das kann manchmal über Umwege erfolgen, wie z.B. eine Beschränkung auf 2 Tonnen für einen Parkplatz. Kaum ein Camper wird unter 2 Tonnen bleiben. Wie überall hängt es auch hier von der Menge der Camper an einem Fleck ab.
Ehemalige Ostblockländer
Generelles Campierverbot. Frei-Steher werden abgestraft und auf Campingplätze verwiesen, die es auch häufig gibt. In den ehemaligen Ostblockländern ist es geschichtlich so begründet, dass man die Reisenden über Meldezettel immer kontrollieren wollte.
Skandinavien inklusive Island
In diesen Ländern ist das Campen auf Freiland unabhängig von den Besitzverhältnissen grundsätzlich ohne Rückfrage erlaubt, allerdings gilt dieses “Jedermannsrecht” nur das für Zelten! Da es in den skandinavischen Ländern sehr viel weniger öffentliche Strassen gibt, ist man auf fast jedem gefunden Stellplatz auf Privatland. Hier muss man streng genommen um Erlaubnis bitten, jedoch ist das oft unmöglich.
Die Schilder wie “Privat veg” bezeichnen explizit solche privaten Strassen. Ein Befahren ist nicht verboten wenn keine Absperrung vorhanden ist. Auf kurzen Hauszufahrten wird man mit der Stellplatzsuche keine Freude haben, handelt es sich um einen langen Forsterschiessungsweg kann man schon Stellplätze finden, die aber nicht zwingend romantisch sind. Einige Privatstrassen sind auch kostenpflichtig.
Naturschutzgebiete
Unabhängig von den Ländern gibt es oft strengere Regeln in Naturparks, Nationalparks und anderen Naturschutzgebieten. Hier können auch andere Auflagen gelten. So wird man zum Beispiel auf einem Parkplatz eines Naturparks in Frankreich eher keine Probleme haben, ausser man hat Hunde.
Andererseits gibt es auch Nationalparks mit Stichstrassen in abgelegene Abschnitte, wo kein Hahn danach schreit wo man steht oder was man macht und sogar Feuerstellen angelegt sind.
Lösungen
Unabhängig von der Regelung in den einzelnen Ländern wird man mit einem Camper beim frei Stehen immer in einem juristischen und praktischen Graubereich unterwegs sein. Auch wenn man Private bittet, auf deren Privatgrund stehen zu können, greifen manchmal Gesetze, die genau dies den Grundbesitzern verbieten. Im Recht ist man nur in Italien und Frankreich auf öffentlichen Strassen und Plätzen, wenn man kein Verbotsschild sieht. Diese Plätze mangeln aber oft an “Romantik” und Ruhe.
Man muss sich also zwingendermassen überall tunlichst diskret verhalten. Mit einem grossen und fetten Camper geht das halt schlechter als mit einem kleinen und diskreten Bus. Einige Benimm-Regeln:
- Erst bei Nachteinbruch abstellen. Das ist manchmal ungut weil man nachts in unbekannten Gebiet sprichwörtlich blind ist. Wir suchen oft noch bei Tageslicht und kommen erst später wieder. Bei starkem Andrang kann man so auch der Blöde sein und alles besetzt vorfinden.
- Weitab von Häusern bleiben. Die meisten Meldungen, die die Polizei veranlassen aktiv zu werden, kommen von “besorgten Bürgern”. Viel seltener handelt es sich um Leute auf deren Privatgrund man effektiv steht.
- Kein Licht nach aussen dringen lassen, natürlich keinen Lärm machen. Das ist nicht immer einfach, viele Fahrzeuge mit Zentralverriegelung blinken beim Abschliessen auf.
- Nichts hinausstellen, das ist nicht nur weniger auffällig, im Streitfall kommt man so auch schneller weg. Keine Keile verwenden.
- Morgens früh weiterfahren. Aufgeweckt wird man unter Umständen sowieso recht früh, wenn man auf einem Wanderparkplatz steht.
- Jede Nacht den Standort wechseln.
- Jeden Müll mitnehemen, auch benutztes Klopapier!
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