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Montag, 15. Juli 1996
Die Sonne begrüßt uns, der Wind hat sich wieder gelegt und es heißt weiterfahren durch die dürre und einsame Landschaft. Wir wollen zum Bryce Canyon NP aber dieser liegt von hier aus äußerst ungünstig. Egal wie wir es angehen könnten, man fährt immer mit der Kirche ums Kreuz, denn es sind ein paar Wüstenberge und der Colorado River im Weg.
AZ 163 W: Kayenta
AZ 160 W, AZ 98 W: Page, Glen Canyon Dam
Stadt Page
Wir fahren also (nun bereits in Arizona) zuerst einmal nach Südwesten. Eh noch etwas müde geht es über weite Flächen, mal rauf auf 2000 Meter, wieder runter auf 1500 Meter. Es stehen immer wieder einige Felstürme herum, eindrucksvoll ist der aus dunklem Gestein bestehende Agathia Peak. Die Vegetation wechselt zwischen gar nichts bis Büsche und vereinzelte Bäumchen. Nach Kaibito geht es wieder über eine aussichtsreichere Hügelkette drüber, wo gleich wieder einige Navajos ihren Schmuck verkaufen. Schließlich erreichen wir Page, einen größeren Ort, am Westrand der Navajo Indian Reservation. Dort füllen wir wieder einmal Essen und Benzin auf. Es ist in dieser Stadt sehr heiß und wir schauen, dass wir wieder ins kühl klimatisierte Auto kommen.
Glen Canyon Dam
Unmittelbar nach Page erreichen wir den Glen Canyon Dam. Vor diesem queren wir auf einer gigantischen Brücke den Colorado River (zum 2. Mal), an der weit und breit einzig möglichen Stelle. Der Staudamm ist beeindruckend (immerhin arbeiten die hier mit 1288 MW). Wir stehen auf der Brücke und schauen uns den 215m hohen und 460m langen Damm an, wo unten der tiefblaue Colorado River heraussprudelt und in den ab hier freien Grand Canyon weiterfließt.
Der Lake Powell, von dem Damm aufgestaut, ist auch gewaltig. Wir sehen in dem kleinen angeschlossenen Museum ein Modell des ganzen Sees und der beeindruckenden Landschaft rundherum. Seit er nach mehr als 17 Jahren endlich aufgefüllt war, beinhaltet er rund 30 km³ Wasser. Wenn er voll gefüllt ist, ist die Küstenlinie 600km lang, wirklich gewaltig. Hier wären wir gerne noch eine Zeit lang geblieben, aber erstens wollen wir ja noch später zum Grand Canyon fahren, und zweites wollen wir mittlerweile über eine fragwürdige Abkürzung den Bryce Canyon anpeilen.
AZ 89 W: Big Water (UT), Richtung Kanab, Richtung Norden
Durch den Cottonwood Canyon
In Big Water (weit und breit natürlich kein Wasser zu sehen) erreichen wir wieder Utah. Noch einige Meilen weiter zweigt die Straße unserer Wahl ab. Sie ist die kürzeste Verbindung zum Bryce Canyon (laut unserer Karte). Es sind allerdings ca. 70km nicht asphaltiert. Nebenbei sei bemerkt, dass wir im Auto-Mietvertrag eine Klausel unterzeichnet haben, die uns untersagt “unpaved roads” zu benutzen. Als wir in die Nebenstraße einbiegen, bietet sich ein positives Bild, nämlich eine gut geschotterte Piste, auf der man recht flott vorankommt. Ein Holzschild, das wir zwar verstehen, kostet uns im Anblick der Umgebung einen Lacher. Darauf steht nämlich: “impassible when wet”. “Wet” heißt feucht und alles was hier zu sehen ist, ist Wüste mit hellem Sand und graue Felsen. Der Himmel ist zwar nicht wolkenlos, aber es schaut so aus, als hätte es das letzte Mal vor 20 Jahren geregnet. Das einzige was wir eventuell fürchten sind Überschwemmungen von Trockentälern. Aber trotzdem lassen wir das Schild stehen, wo es ist und fahren frohgemut in den Cottonwood Canyon.
UT Cottonwood Canyon Road: Richtung Nord-Westen
Zunächst führt uns die Piste lange durch den Cottonwood Canyon. Mal in einem breiten flachen Tal, mal durch richtige Schluchtstrecken, mal etwas bergauf und mal bergab. Die erste Stunde vergeht trotz der relativ guten Piste wie im Flug und Meilen bringen wir nur wenige weiter. Die paar Wölkchen am Himmel werden mehr und mehr und finsterer. Da es häufig so knapp neben dem Flussbett dahingeht, schauen wir, dass wir weiterkommen.
Langsam kommen wir aus der Senke in die Hügel, hinter denen sich der Bryce Canyon verbirgt. War das flache Vorfeld weiß bis hellgrau, so sind die Nord-Süd verlaufenden Täler durch die wir nun fahren kunterbunt. Vor allem aber rötlich. Mit der Zeit geht es recht steil bergauf und bergab. Zu diesem Zeitpunkt treffen uns auch die ersten Regentropfen. Die Straße ist längst nicht mehr geschottert, sondern einfach in den vorhandenen Untergrund gepflügt. Die netten roten Farben sind letztendlich Lehm! Durch die Feuchtigkeit wird die Oberfläche ganz schön glitschig und das Fahren wird extrem anstrengend.
Beim Grosvenor Arch, einer hohen natürlichen Felsbrücke legen wir trotzdem eine kurze Pause ein. Hier pfeift der Wind recht gespenstisch durch die Felsformationen. Nach einem kurzen aber heftigen Gewitterschauer geht es dann weiter. Der Untergrund wird steiniger und es regnet nicht mehr, was der Bodenhaftung zugute kommt. Es ist dennoch alles feucht. Dann geht es aber noch einmal noch über einen kleinen Rücken drüber mit diesem dunkelroten Sand.
Ab dieser Stelle wird nun offensichtlich, was mit “impassible when wet” gemeint war. Mit Schwung kommen wir gerade noch irgendwie hinauf. Bergab schaut die Sache schon ganz anders aus: Das Auto eine Radumdrehung langsam rollen lassen und bremsen hat zur Folge, dass wir etwa 2 Meter rutschen. Es legt sich eine 1cm dicke Lehmschicht um den Reifen und die rutscht frohgemut auf der lehmigen Piste. Da hier die Piste leicht schräg zur Seite hängt, rutscht das Auto auch noch vorzugsweise seitwärts Richtung Abgrund, und das ohne auskuppeln zu können ist der größte Horror. Schließlich versucht es André indem er das Auto einfach in der Neutral-Stellung schräg rollen lässt, mit der Handbremse die “Geschwindigkeit” drosselt und mit Hilfe von besonderen Rutschmanövern den Wagen wieder gerade auf die Straße hinstellt. Wenn es brenzlig wurde, verwenden wir auch den Rückwärtsgang (einfach hineinschmeißen, weil schalten geht ja nicht) um im Schwimmen den Kurs andeutungsweise zu korrigieren. Verständlicherweise hatten wir hier andere Sorgen als Photos zu machen.
Nach langer “Arbeit” kommen wir auf die Plateaufläche und es scheint geschafft. Nun geht es wieder verhältnismäßig flach nach Nordwesten, laut Karte ist die asphaltierte Straße nicht mehr weit. Endlich genießen wir auch ein wenig die Aussicht bei der wilden Gewitterstimmung. Im Freudentaumel übersehen wir den Bach (Paria River), der strichliert in der Karte eingezeichnet ist. Plötzlich haben wir ihn ja auch schon vor uns. Zum nun wasserführenden Bach geht es steil bergab. Steil ist relativ, der Bach wird zwar im flachen Winkel angeschnitten, der angeschnittene Untergrund ist aber wieder reiner Lehm (also nasser und rutschiger Gatsch). Für uns somit verdammt steil. Der Anblick, der sich uns bietet, ist nicht gerade erheiternd. Unten, kurz vor der Bachquerung, ist ein großes allradgetriebenes Gefährt (dessen Spuren wir schon länger verfolgen) ausgerutscht und in den (dem Abgrund abgeneigten) Hang hineingerutscht. Die linke Seite ist recht zerknautscht. Wir halten und schauen uns die Sache zu Fuß an. Nach ein paar Schritten geht man um einige Zentimeter höher auf einem Lehmpaket dahin. Den anderen können wir absolut nicht behilflich sein. Unsere weitere Strategie wird entwickelt: Wir müssen hinunter, mit Schwung durch den Bach und drüben hinauf. Die einzige Alternative wäre warten, aber in der Nacht wird es noch ein paar Mal regnen.
André lässt den Wagen mit offener Tür rollen, um jedes Ausrutschen zu registrieren. Den linken Fuss hat er teilweise draussen am Boden für ein besseres Gefühl in Bezug auf beginnendes Rutschen. Mit dem rechten Reifenpaar steuern wir jedes noch so kleine Grasbüschel an. Alle paar Meter finden Richtungskorrekturen mit Rückwärtsgang-Schüben statt. Das Rinnsal unten ist nicht groß (glauben wir jedenfalls). Reifenspuren führen durch und wir verlassen uns darauf ohne genauer hinzuschauen. Wir versuchen nicht an Senken oder Steine im Wasser zu denken, zum Sondieren haben wir keinen Geist. Das letzte Stück geht’s dann mit Vollgas durch, denn wir müssen das Wasser queren und auch noch drüben hinauf. Dort ist es nicht ganz so steil wie bergab, aber immerhin.
Nachher geht es zwar nur mehr flach weiter, aber selbst das wir zum Stress. Auch wenn wir versuchen, auf einem geraden Stück gerade zu fahren, hinterlassen wir im Rückspiegel kurvige Spuren. Nach gut zweieinhalb Sunden für die letzten 13km (!) nimmt der Spuk ein Ende und wir erreichen endlich wieder den Asphalt unter den Reifen. Dort steht dann auch wieder dieses nun nicht mehr so ominöse Schild “impassible when wet”. Das Auto schaut aus, wie wenn es eine Schlammpackung bekommen hätte. sowohl aussen als auch innen beim Fussraum.
UT 12 W: Bryce Canyon NP
Wir haben jede Menge Zeit verplempert und schauen, dass wir in den Bryce Canyon NP kommen. Es geht steil hinauf auf über 2300m. Am Campground teilt man uns mit, dass alles voll ist, verweist uns aber auf einen privaten Campingplatz außerhalb, auf der Zufahrtsstraße. Wir fahren noch eine Runde durch den Föhrenwald, aber es scheint wirklich alles voll zu sein. Nicht sehr begeistert treten wir den Rückweg an, wir sind eigentlich schon müde genug, außerdem könnte dieser ja teurer sein, als die geregelten staatlichen in den Nationalparks.
Tatsächlich ist der Ruby’s Inn Campground auch eine Spur teurer. Dafür gibt es eine satte Wiese an einem netten Teich, im Gegensatz zum kahlen Kalkschotter unter den NP-Föhren. Und es gibt dort auch anständige Duschen, die keinerlei Zeitlimit aufwiesen. Da gibt es eine abendliche und eine morgendliche Waschaktion, eindeutig ein sehr gepflegter Moment unserer Reise. Zum Abendessen (Spaghetti con Wiener au fromage) gesellt sich ein leichter Regen, doch mit dem Blick auf den Teich, die Enten und die Regentropfen legt sich auch der Stress und es wird eine erholsame kühle Nacht im Gegensatz zu der letzten.
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