Thema: vom Lieferwagen zum Camper.
Zwischen B- und C-Säule brauchen wir Fenster. Das ist einerseits zwingend weil wir hier später eine typisierte Rückbank einbauen lassen und dabei sind Seitenfenster vorgeschrieben. Es geht aber auch um Lichteinfall und eine angenehmere Atmosphäre, wenn man beim innen Sitzen bequem hinausschauen kann. Und lüften können schadet auch nie.
Grundsätzlich kann man bei Lieferautos auch Originalfenster nachrüsten, wenn das Modell auch als Personenkraftwagen existiert. Das geht mehr oder wenig gut und da diese Fenster alle verklebt werden, kann man sie nicht billig gebraucht erwerben. Es geht also nur neu vom Hersteller, und das ist letztendlich teurer als Camperfenster, die wesentlich bessere Eigenschaften haben:
- Doppelwandige Scheiben isolieren ideal.
- viele verschiedene Aussenmasse.
- zwei Varianten:
- Schiebefenster (halbe Sichtöffnung offen, kann beim Fahren offen bleiben).
- Ausstellfenster (volle Sichtöffnung offen, muss beim Fahren geschlossen bleiben). Gewöhnungsbedürftig wenn man aussen herumgeht, man schlägt sich sicherlich ein paar Mal den Kopf wund. Aber ideal zum Lüften bei Regen (mehrere Neigungen).
- Ersatzteile (Scheiben, Scharniere) von namhaften Herstellern dauerhaft lieferbar.
- Eingebaute Fliegengitter und lichtdichte Rollos. Die beiden Rollos greifen ineinander und können somit gemeinsam verschoben werden.
Nachteile von Camper-Fenstern:
- Ein umgebauter Lieferwagen schaut nur durch diese Fenster automatisch nach Camper aus.
- Die Fenster sind allesamt etwas klapprig, auch wenn sie langlebig sind. Die Rollos verklemmen leicht.
- Sie sind nicht für den Einbau in dünne Blechwände gedacht, man muss selber einen Rahmen dazu bauen.
Platzhirsch am Markt ist Seitz-Dometic. Camper-Ausrüster haben manchmal andere Marken. Es gibt von Seitz keinen Direktvertrieb aber eine Vielzahl von Händlern, der Preisvergleich lohnt sich! Bei den Camperfenstern könnte man gebrauchte kaufen. Allerdings sind das Kunststoffteile, die mit der Zeit unansehnlich und nach noch längerer Zeit brüchig werden. Es ist auch unklar ob man so das richtige Format und wirklich doppelwandige Scheiben findet.
Fenstergrösse
Es mag logisch klingen, Fenster maximal so gross zu bestellen, wie es der Platz zwischen den Säulen, Holmen und anderen Beulen der Karosserie ermöglicht. Meine Meinung war und ist, wenn man schon Löcher für Fenster macht, dann sollen diese auch so gross wie möglich sein, mir geht es um das Hinausschauen. Es gibt aber einschränkende Fakoren die nicht einfach zu fassen sind:
- Man wird den Ausschnitt mit der Stichsäge von aussen machen. Aber auch aussen kann die Karosserie uneben sein und das Ansetzen der Stichsäge erschwert werden.
- Die Camper-Fenster sind für Wohnwagen- und Camperwände gemacht , die völlig plan sind. Die Karosserie unser Lieferwagen ist aber fast immer leicht gewölbt. Die Einbaufenster haben eine Rahmen, der stark genug ist um diese Wölbung im Blech auszugleichen. Allerdings klappt das nur, wenn es rund um das einzusetzende Fenster noch etwas “Spiel” bis hin zu den starren und blechverstärkten Rahmen rund um den Ausschnitt gibt.
Ich hatte die Grösse maximiert und beim Einbau mit dem Problem zu kämpfen, dass ich das Blech schwer zwischen Innen- und Aussenrahmen des Fensters flach bekam. Es war in der Schiebetüre, die anscheinend einen stärkeren Rahmen hat, schwieriger als fahrerseitig. Zum Einsatz brachte ich zwei 800x450mm-Fenster (zusammen EUR530).
Durch das Einzwicken des gewölbten Blechs ist der Fensterrahmen dauerhaft unter Spannung. Das ist nicht ganz ideal. Es gibt dazu aber keine Abhilfe. Man kann nicht einen gewölbten Hilfsrahmen bauen, weil sonst die Gummidichtung aussen nicht mehr greift.
Seitz-Fenster
Es gibt einen Aussenrahmen (meist dunkel), er trägt die beweglichen Scheiben und einen (hellen) Innenrahmen mit innenliegenden Rollos. Durch den Innenrahmen werden mitgelieferte Schrauben gedreht, die in den Aussenrahmen greifen und so die Blechwand (und einen Abstandsrahmen) einzwicken. Die Schrauben führen nicht durch das Blech. Nur der Aussenrahmen hat eine abdichtende Gummilippe.
Idealerweise setzt man auch eine dauerhaft elastische Dichtmasse ein (eine halbe Kartusche “Würth Sabesto Scheibendicht abtupfbar” je Fenster), seriöse Händler liefern eine mit. Kein Silikon oder andere Dichtmassen verwenden, diese hinterlassen Spuren am Lack und sind nicht gegen die dauernden Witterungseinflüsse beständig.
Die Seitz-Fenster müssen so verbaut werden, dass das blickdichte Rollo unten ist und das Fliegengitter oben. Mir erschien das unlogisch, aber wenn man es umgekehrt verbaut, schliesst es unten nicht ganz lichtdicht.
Hilfsrahmen für Einbau in die Blechwand
Die Fenster sind für Wohnwagen und Camper konzipiert und deren isolierte Wände sind rund 25mm dick. Das Blech unserer Lieferautos hat aber nur rund 2mm. Es braucht also einen zusätzlichen Rahmen, um etwa an diese 25mm zu erreichen. Darunter kann das Fenster nicht fest angezogen werden. Der meist hölzerne Rahmen wird innen zwischen Blech und Innenrahmen des Fensters angelegt. Der Rahmen muss nicht stark fixiert werden, er wird später ohnehin in die Zange genommen.
Bei der Stärke sollte man eher auf die Maximaldicke (abzüglich Blechstärke) gehen weil dieser Rahmen auch an der erzwungenen Geradestellung der Blechwölbung beteiligt ist. Ich habe 25mm genommen. Man sollte aber auch nicht in der Breite sparen, die innen seitlich neben dem Fenster hervorschaut, man wird dort an der Verbauung der nackten und nicht-isolierten Blechwand weiterbauen.
Wenn man die Aussenmasse des Fensterrahmens als Mass nimmt, so wird der Hilfsrahmen noch etwas grösser werden. Es kann also sein, dass dieser an den Ecken, oder anderen Stellen angepasst werden muss.
Dieser Holzrahmen kann auch Blechverstrebungen überbrücken müssen, die man anschneidet. Oft sind die Blechflächen mit einer verklebten Blechleiste verstärkt, damit das Blechgehäuse des leeren Lieferwagens weniger vibriert und dröhnt. Man kann diese vor dem Einbau des Fenster entfernen. Das ist aber je nach Art wie diese Fixiert sind (geklebt und/oder punktverschweisst) recht mühsam. Ich habe sie samt dem Aussenblech durchgeschnitten und müsste somit die Hilfsrahmen anpassen.
Schnitt anzeichnen und Blech ausschneiden
Der Standort des Fensters wird durch die meist innen mehr einengenden Blechwülste vorgegeben. Das Schneidgerät (meist die Stichsäge), setzen wir aber von aussen an. Nur mit messen kommt man beim Übertragen von innen nach aussen auf keinen grünen Zweig.
Man kann jedoch innen Punkte markieren und mit einem kleinen Bohrer von innen nach aussen bohren. Allerdings sind die Ecken der Fenster gerundet, man kann also nicht einfach in die Ecken des sauber angesetzten Hilfsrahmen bohren sondern muss ein gewisses Mass nach innen versetzen (ich habe 3cm genommen). Man sollte das für die vier Ecken machen und nicht mit Schablone oder Wasserwaage arbeiten. Ist die Schnittlinie aussen angezeichnet, kann man sie noch einmal mit dem Anlegen eines der Fensterrahmen überprüfen.
Blech für das Fenster ausschneiden
Gleich vorweg, weil sich davor viele fürchten: jeder Blechschaden, also auch jeder Fehlschnitt hier, kann durch jede Karosseriewerkstatt einfach ausgebügelt werden. Es klingt und wirkt alles schimmer als es wirklich ist. Folgende Punkte sind jedoch zu beachten:
- Zum Schneiden keine Trennscheiben einsetzen, dadurch wird das Blech zu heiss und die Funken brennen sich überall in den Lack. Zudem kann man damit keine Kurven schneiden. Es gehen:
- Stichsäge: hat jeder, erzeugt aber Flugrost fördernde Eisenspäne. Weitere Problematik: man sägt auf langen Strecken und engen Kurven in sehr weichem Blech und man wird viele Klingen brauchen. Wir arbeiten auf Kopfhöhe, also unbedingt eine Schutzbrille tragen. Der Vorgang ist sehr laut. Nicht den Fuss der Schichsäge mit Filz oder ähnlichem zum Schonen des Lacks schützen sondern die Aussenseite der Schnittstelle mit breitem Klebeband abdecken. Immer wieder absetzen und überprüfen, dass sich keine Späne verkanten und den Lack aufreiben.
- Knabberschere: lautlos, keine Metallspäne, aber mühsam: lange Strecken und enge Kurven. Ausserdem braucht man damit Übung weil man auf den geraden Strecken genau ansetzen muss und die Richtung nicht einfach korrigiert werden kann.
- In beiden Fällen muss man mit einem entsprechenden Bohrer ein Loch machen um die Säge oder die Schere ansetzen zu können. Das muss natürlich innerhalb des Ausschnitts erfolgen und nicht direkt auf der Schnittlinie.
- Das Mass ist vom Fensterrahmen vorgegeben, Seitz gibt auch Empfehlungen für die Ausschnittsgrösse (rund 2mm grösser als der einzusetzende Rahmen). Es ist widersinnig aus Angst zu gross zu schneiden und dadurch das Loch zu klein zu machen. Das Blech gibt nicht nach und man muss mühsam korrigieren, es wird dann erst recht nicht gerade.
- Eventuell an der Innenseite den Ausschnitt verhängen, so dass die Metallspäne nicht im ganzen Innenraum herumfliegen. Bei trockenem Wetter arbeiten.
- Zuerst die Oberkante schneiden und anschliessend diese mit sehr starkem Klebeband innen und aussen auf der ganzen Fläche fixieren. Der Grund: das am Ende ausgeschnittene Blechrechteck ist sehr schwer (über 10kg) und es sollte nicht einfach herausfallen.
- Bei den engen Kurven besonders drauf achten, dass das Stichsägeblatt nicht bricht.
- Immer wieder das Sägeblatt prüfen, es kann sein, dass ein neues Blatt schon nach einem halben Meter den Geist aufgibt. Das weiche Blech verklebt die Zacken wie Aluminium.
- Wenn man nicht nur das einschichtige Blech sondern auch Verstärkungen anschneidet, dann wird die Stichsäge ganz besonders gequält und zappelt. Achtung bei verklebten Teilen, diese können sich lösen und das Stichsägeblatt verkeilt sich. Abhilfe schafft das Verschrauben der Teile im Bereich der ohnehin herausgeschnitten wird.
- Am Ende am Schnitt Kanten und Spitzen einigermassen geradefeilen. Es muss nicht perfekt sein, der Fensterrahmen verdeckt alles. Unbedingt den Schnitt gegen Rost schützen.
Camper-Fenster mit Hilfsrahmen und Dichtmasse einsetzen
Ist das “Loch” ausgeschnitten, gegen Rost geschützt und passt der Fensterrahmen (jener Teil, der durch die Öffnung ragt) tadellos hinein, so kann mit dem definitiven Einbau beginnen. Bei Seitz-Fenstern ist es so, dass der Aussenrahmen durch die Öffnung ragt, der Innenrahmen umfasst den durchragenden Teil.
Nur durch Zusammenstecken durch das Blech und dem Hilfsrahmen halten die Rahmen nicht in der Öffnung! Das liegt an der Krümmung des Blechs, das ungünstigerweise dafür sorgen kann, dass sogar die Schrauben zu kurz sind, um anfangs den Aussenrahmen zu fassen. Ausgehend davon, dass beim Einsetzen am Aussenrahmen bereits die flüssig-zähe Dichtmasse angebracht ist und zwischen den beiden Fensterrahmen auch noch der hölzerne Hilfsrahmen herumklappert, sollte man mindestens zu zweit sein und die Schritte vorher durchspielen. Es ist nämlich auch so, dass die mitgelieferten Schrauben schlechter Qualität sind, die Kreuzschlitze sind schnell abgenudelt. Man braucht sich nicht den Kopf über herabrinnende Dichtmasse zerbrechen, diese kann man ganz leicht entfernen, sie härtet auch nach Tagen nicht aus. Man sollte auch nicht aus den Augen verlieren, dass die Rahmen nicht ganz leicht sind und besser nicht zu Boden plumpsen sollten.
Da die beiden Fensterteile am Anfang nicht ansatzweise zusammenhielten, habe ich mir zum ersten Verbinden mit längeren provisorischen Schrauben geholfen. Also ungefähr so vorgehen:
- Wenn möglich bei einer (Schiebe-)türe beginnen, da kann man schnell auf die andere Seite schauen.
- Gummilippe des Aussenrahmen mit der Dichtmasse breit benetzen, tendenziell mehr an der Innenseite des Gummis. Idealerweise dringt er am Ende innen zwischen Blech und Hilfsrahmen heraus.
- Aussenrahmen einsetzen. Wegen der Wölbung berührt er zuerst nur mittig.
- Hilfsrahmen von der Innenseite überstülpen (er wird nicht zuvor angeklebt) und anschliessend ebenso den Innenrahmen (auf Ausrichtung achten). Da sich der Innenrahmen an der konkaven Seite der Wölbung befindet, kann er sich im Gegensatz zum anderen nicht bewegen.
- Aussenrahmen auf der konvexen Seite nach oben “rollen”, er berührt also das Blech nur mehr an der Oberseite. Dadurch sind die Oberseiten beider Rahmen so nahe wie nur möglich. Rund vier Schauben ansetzen so dass sie greifen, aber nicht voll anziehen.
- Nun progressiv an der Seite von oben nach unten Schauben einsetzen und das Blech progressiv zwischen den Rahmen flach drücken. Noch keine der Schrauben ganz anziehen. Wenn man die Rahmen nicht (mehr) zusammenbringt längere Schauben (flache Köpfe!) nehmen und nach und nach die Rahmen zusammenziehen. Es gibt genug Schraubenfassungen, so dass man sich annähern kann. Nicht auf zu wenigen Schrauben die Hauptlast lassen, wirklich langsam jede Schraube stückweise anziehen bis alle fest sitzen (die zu langen Schrauben rechtzeitig gegen die Originalschrauben tauschen).
- Testen, ob das Fenster sauber öffnet, besonders Schiebefenster können bockig sein. Die Rahmen sind sehr stabil gebaut, sie verziehen sich normalerweise nicht. Zu den Alu-Schienen des Schiebefensters und zum Scharnier des Ausstellfensters gelangt man nur durch Abnehmen des Innenrahmens. Man kann den Innenrahmen nach der Montage auch wieder lösen, bei mir blieb der Aussenrahmen vollständig haften und die Wölbung des Blechs hatte sich nicht wieder durchgesetzt. Anscheinend hat die Dichtmasse den Aussenrahmen regelrecht an das Blech gesaugt.
- Aussen überschüssige Dichtmasse mit einem Tuch abnehmen, sie hinterlässt keine Spuren. Innen kann man die Schrauben mit Zierkappen abdecken.
Hey Andre,
cooler post, sehr hilfreich, danke dafür 🙂
habe auch große Seitz Fenster in Aussicht und mach mir immer noch n bisschen Sorgen wegen der Wölbung des Blechs. Also Einbau krieg ich ohne weiteres hin, aber eher so auf lange Sicht gesehen, da da ja schon viel Spannung entsteht- wie ist das denn bei dir? Hattest du da irgendwelche Probleme bis jetzt oder alles dicht und gut?
Liebe Grüße!
hallo veronika,
nun sind die fentser seit 10 jahren drinnen und aufgrund der wölbung habe ich keine probleme mit der dichtheit obwohl ich eines der beiden fenster später zwei mal ausbaute https://andre.carto.net/2017/blockiertes-seitz-schiebefenster-gangig-machen/
ich kann dir nur raten, den hilfsrahmen breiter zu machen, das erleichtert den weiternbau der restlichen verkleidung unegemein.
servus, andré